Drummer Steve Jordan sitzt heute wieder auf dem besten Platz im Rolling-Stones-Konzert.

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Als Charlie Watts im Vorjahr im Spital lag, wünschte Steve Jordan ihm rasche Genesung und schrieb, er würde ihm bis zu seiner Rückkehr den Hocker warm halten. Doch der Drummer der Rolling Stones kam nicht wieder; er starb im August. So wurde aus dem Warmhalte- ein Dauerjob: Steve Jordan ist der aktuelle Drummer der Rolling Stones, die auf ihrer Sixty-Tour heute, Freitag, im Wiener Ernst-Happel-Stadion auftreten.

Neu ist Jordan im Rolling-Stones-Universum nicht. Schon 1978 lernte er Watts kennen. Damals traten die Stones bei der TV-Show Saturday Night Live auf, bei der Jordan in der Hausband spielte – und mit Watts ein Finalspiel der New Yorker Yankees anschaute und dabei dem Briten die Regeln erklärte.

Letterman und Dylan

Jordan gilt als einer der gefragtesten Session- und Live-Drummer der Welt. Der 1957 in New York City Geborene hat eine Kundenliste, die dem Hochadel der Rock- und Popwelt entspricht. Bereits als Teenager trommelte er für Stevie Wonder, er weiß, wie Bob Dylan von hinten aussieht, Sheryl Crow, Cyndi Lauper, B. B. King, Neil Young, Eric Clapton, Aretha Franklin, Rod Stewart oder John Mayer.

Sogar für die Rabiatperle Jon Spencer Blues Explosion war er im Einsatz, natürlich für die Blues Brothers, und er hielt den Rhythmus in der Band von David Lettermans Late Night. Und für Keith Richards.

Einer von hunderten legendären Einsätzen: Steve Jordan am Schlagzeug hinten, dazwischen die legendären MGs, vorn Jake und Elwood Blues, die Blues Brassas.
Saturday Night Live

Wenn der Stones-Gitarrist eigene Projekte plant, kommt er zu Jordan. Davor hatte der Angst. Denn Jordan beschreibt in einem Interview seine frühere Wohnung als riesiges Beatles-Museum. Und er fürchtete, das könne aufseiten der Stones Sodbrennen verursachen. Eine unbegründete Sorge, wie Richards ihm mitteilte. Stones und Beatles pflegten ja durchaus Freundschaften.

Als Mitglied von Richards Combo X-Pensive Winos nahm er drei Alben auf, mit seiner Frau unterhält er The Verbs. 1985 war er erstmals mit den Stones im Studio. Als diese in Frankreich das Album Dirty Work aufgenommen haben, steuerte er ein wenig Perkussion bei.

Eleganz verpflichtet

Jordan hat von seinen Eltern früh einen Plattenspieler bekommen. So hörte er die Stones zum ersten Mal: Honky Tonk Woman war sein Einstand, er fand den Song extrem funky, ein anderer, Brown Sugar, lief bei ihm ebenfalls in Endlosschleife.

Wie sein eleganter Vorgänger rührt der 65-Jährige oft im Anzug die Trommeln. Und manchmal, sagt er in der Vanity Fair, kommt es ihm immer noch unwirklich vor, dass er tatsächlich jeden Abend den besten Platz in einem Rolling-Stones-Konzert innehat. (Karl Fluch, 15.7.2022)