Gregor Johann Mendel wurde in Brünn (Brno) bestattet, seine sterblichen Überreste konnten identifiziert und untersucht werden.
Foto: imago/CTK Photo/Igor Zehl

In wenigen Tagen jährt sich der Geburtstag eines Mönchs, der die Wissenschaft noch lange prägen sollte: Gregor Mendel wurde vor 200 Jahren, am 20. Juli 1822, geboren. Durch seine Kreuzungsversuche an Erbsenpflanzen, Grundlage für die heute als "Mendel'sche Regeln" bekannten Vererbungsgesetze, ist er heute weltweit bekannt. Damit war die Basis für das Fachgebiet der Genetik gelegt – rund einhundert Jahre, bevor die genaue Struktur des Erbguts, die zu Chromosomen gesponnene DNA, enthüllt wurde.

Mittlerweile ist die Genetik in der Lage, aus kleinsten Proben Verwandtschaftsverhältnisse von Menschen zu rekonstruieren, die hunderttausende Jahre in die Vergangenheit zurückreichen. Zum Jahrestag des "Urvaters" wurden auch die sterblichen Überreste von Mendel selbst mit genetischen und klassischen anthropologischen Mitteln untersucht: Im Juni 2021 wurde die Augustinergruft am Zentralfriedhof im tschechischen Brno (Brünn) mit Erlaubnis der Abtei für die Forschungsarbeiten geöffnet.

Mehrere Mönche in einem Grab

Durch die Exhumierung konnte die Identität des Verstorbenen überprüft werden. Das Ergebnis der Genomanalyse: Mendels Grab ist authentisch, Porträts geben ihn getreu wieder, und seine Eltern waren typische Mitteleuropäer, berichtet die Brünner Genetikerin Šárka Pospíšilová. Sie forscht an der Masaryk Universität in Brünn und leitete die Untersuchungen.

In der Gruft waren jeweils mehrere Mönche in einem Grab bestattet, berichtet Pospíšilová: "Wir konnten seine Überreste eindeutig identifizieren und eine komplette anthropologische Analyse durchführen."

Mit Zeitungen bestattet

Von den Zähnen und anderen Überresten im mutmaßlichen Totenschrein Mendels wurde DNA gewonnen. Sie stimmt eindeutig mit DNA-Proben überein, die aus dem Astronomiebuch Mendels gewonnen wurden. Neben seinem Skelett waren außerdem Zeitungen vom Oktober 1883, Schuhe und Kleidung im Sarg zu finden. "All diese Befunde passen perfekt zusammen und beweisen die Identität von Gregor Johann Mendel", sagt Pospíšilová.

"Die Anthropologen bestimmten auch seine Körpergröße, nämlich 168 Zentimeter", fügt die Genetikerin hinzu. Weiters wurde seine Schuhgröße (nämlich 41) geklärt. Sogar die Innenmaße seines Gehirnschädels hat man vermessen, um Rückschlüsse auf die Gehirngröße zu ziehen: "Sie liegen weit über dem Durchschnitt von heutigen Männern", sagt Pospíšilová. Per se ist allerdings bei einem größeren Gehirnvolumen eines Individuums nicht auf eine hohe Intelligenz zu schließen.

Typischer Zentraleuropäer

Im Rahmen des genetischen Teils der Analysen konnte zudem die familiäre Abstammung Gregor Mendels festgestellt werden. Sowohl die mütterliche Linie (H1c) als auch die väterliche Linie (R1a) sind typisch zentraleuropäische "Haplotypen", berichtet die Genetikerin. Bei Haplotypen handelt es sich um Varianten eines kleinen Ausschnitts eines Chromosoms, die für bestimmte Populationen charakteristisch sein können.

"Zusätzlich identifizierten wir mehrere genetische Veranlagungen, die möglicherweise zu Mendels Gesundheitsproblemen und dem Krankheitstod beigetragen haben", sagt Pospíšilová. Der Mönch hatte ein Nierenleiden und – auch laut der neuen Genomanalyse – Herzprobleme. Er starb im Alter von 61 Jahren.

Die Forschungsarbeiten sind jedoch noch nicht abgeschlossen, fügt Pospíšilová hinzu: "Wir arbeiten noch immer an der genetischen Analyse verschiedener Eigenschaften, darunter sind auch solche, die von mehreren Genen beeinflusst werden." Ein komplexes Bild des Genoms des "Vaters der Genetik" muss also erst noch gezeichnet werden. (sic, APA, 15.7.2022)