Ein weiblicher Bodyguard hilft dem alternden Kostümfilmhelden bei der Bewältigung des Alltags: Déborah Lukumuena und Gérard Depardieu lernen, einander so zu akzeptieren, wie sie sind.
Foto: 2021 Dharamsala-France 2 Cinema – Scope Pictures

Zu ihrem Langfilmdebüt Robuste hatte die junge Regisseurin Constance Meyer anfangs nur ein Bild im Kopf: ein kräftiger Mann, ohnmächtig in den Armen einer Frau, die stark genug ist, um diesen Mann zu tragen. Gérard Depardieu sollte der Mann sein, Déborah Lukumuena die Frau, die fähig ist, ihn aufzufangen.

Die Newcomerin Lukumuena spielt Aïssa, Sportringerin und Angestellte in einem VIP-Security-Unternehmen. Der Job, sich um den berühmten Schauspieler Georges zu kümmern, ist für Aïssa eine berufliche Chance, denn als Frau hat sie in der Branche mit Vorurteilen zu kämpfen. Also wird sie Georges’ Bodyguard und zugleich seine persönliche Assistenz, da Georges jemanden braucht, der seinen Alltag organisiert. Er ist lustlos, gesundheitlich angeschlagen und lebt allein in einem stilvollen Designerhaus mit Glasfassade, vor dem tagein, tagaus eine freundliche Stalkerin wartet, die Georges wie eine leicht verrückte alte Bekannte behandelt.

Zarte Gebrechlichkeit

Mit Depardieu und Lukumuena treffen zwei sehr verschiedene Schauspielgenerationen aufeinander: Depardieus Rolle als Georges, ein Altstar des französischen Kostümkinos, ist zu einem gewissen Grad autobiografisch angelegt. Er spielt sein kurzatmiges Alter Ego Georges mit zarter Gebrechlichkeit. Lukumuena ist eine junge, afrikanischstämmige Schauspielerin, die im migrantisch geprägten Autorinnenkino ihre ersten Auftritte hatte – in Houda Benyaminas preisgekröntem Film Divines von 2016 etwa. Sie ist Depardieu in jeder Szene eine ebenbürtige Gegen- und Mitspielerin. Gemeinsam ist ihnen – wie der Titel verrät – ihre robuste Körperlichkeit.

Mit Georges, dem Genießer, und Aïssa, der Ringerin, treffen Leiber aufeinander, die das Kino selten sieht: groß, stark, massig, konträr. Sie ist jung, weiblich und schwarz, er alt, weiß und männlich. Bewertet wird das ebenso wenig wie die Fülle ihrer Körper, die weder Body-positiv noch -negativ sind.

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Frustessen und Tiefseefische

Aïssa ist eine ambitionierte, starke, junge Frau und hat einen Liebhaber. Georges ist Genussmensch und im wahrsten Sinne ein großer Körperdarsteller, aber auch ein Frustesser aus Einsamkeit. Sein Knabbern und Naschen in den unpassendsten Situationen ist einerseits Fluchtimpuls, andererseits witziger Gag. Überhaupt ist Meyers Debüt komisch, ohne jedoch in eine Culture-Clash-Komödie zu verfallen: Weder ist Georges "Monsieur Claude", noch werden er und Aïssa "ziemlich beste Freunde", stattdessen verbindet sie eine Akzeptanz für den jeweils anderen und eine gewisse Sensibilität sowie eine Körperlichkeit, die nicht ins Schmierige abrutscht.

Ganz jedoch entkommt Robuste nicht dem Stereotyp des sanften Riesen, und hin und wieder stößt man sich an einer allzu offensichtlichen Metapher oder Plattitüde: den deformierten Tiefseefischen etwa, die Georges in einer Dunkelkammer hält und die irgendwann auf dem Boden landen, oder der Szene, in der Georges Aïssas Liebhaber überväterlich zur Rede stellt. Doch Meyer hat fraglos ein herausragendes Debüt vorgelegt, dem es gelingt, den Altstar und die Newcomerin in einer zarten Tragikomödie über die Themen Altern, Berufsleben, Einsamkeit und Anderssein zu inszenieren, ohne Witz und Körper gegeneinander auszuspielen. (Valerie Dirk, 16.7.2022)