Wer wird in die Wettbewerbskommission und wer an die Spitze der BWB gehievt? Die Entscheidung des Wirtschaftsministeriums steht noch aus.

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Wien – Die Wettbewerbsagenden im Wirtschaftsministerium werden zunehmend zum Provisorium. Neben der Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde, der es an koalitionärer Eintracht fehlt, hat Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) von Vorgängerin Margarete Schramböck eine weitere Baustelle geerbt: Die Mandate der im Ministerium angesiedelten Wettbewerbskommission sind Ende Juni ausgelaufen. Das Beratungsgremium der Regierung. das auch die BWB berät, ist nicht handlungsfähig.

Die Neubesetzung für vier Jahre lässt auf sich warten, zumindest jener vier Mitglieder, deren Bestellung dem Ministerium obliegt. Die Sozialpartner haben ihre Abgesandten bereits nominiert, deren Namen bleiben nach STANDARD-Informationen unverändert: Von der Landwirtschaftskammer kommt erneut Andreas Graf, von der Wirtschaftskammer deren langjährige Leiterin der Rechtsabteilung, Rosemarie Schön, der ÖGB entsendet Ernst Tüchler und die Arbeiterkammer Helmut Gahleitner.

Politische Abstimmung

Welche Experten Minister Kocher nominieren wird, ist hingegen offen. Man sei in Abstimmung, hieß es im Ministerium.

Wiewohl es um eine mehr oder weniger ehrenamtliche Tätigkeit geht, die allerdings politisch durchaus einflussreich ist und Aufwand verursachen kann, wie die im Frühjahr durchgeführte Untersuchung des österreichischen Treibstoffmarktes zeigt – einfach ist im koalitionär aufgeheizten Klima derzeit nicht einmal die Suche nach Freiwilligen. Das liegt dem Vernehmen nach auch an personellen Verflechtungen.

Hinzu kommt, dass die zuständigen Gremien und Behörden einander nicht immer grün sind. Das zeigte sich bei den Treibstoffpreisen: Die BWB begann mit ihrer Branchenuntersuchung Mitte März und parallel dazu beauftragte die damalige Wirtschaftsministerin die Wettbewerbskommission mit einer Analyse des österreichischen Treibstoffmarktes. Minister Kocher soll darüber mehr als irritiert gewesen sein, wie man hört, was angesichts des Aufwands und der komplexen Materie verständlich ist.

Zwist über Reihung

Zu den handelnden Personen: Vorsitzender der Wettbewerbskommission war zuletzt Rechtsanwalt Jörg Zehetner von der Sozietät Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte (KWR), die zuletzt mit Rechtsgutachten für den Bau der umstrittenen Lobauquerung (S1) durch die Asfinag in der Öffentlichkeit präsent war.

Zehetner stand zugleich jener Auswahlkommission vor, die die Shortlist für die Führung der Bundeswettbewerbsbehörde BWB erstellte. Dieser Dreiervorschlag führte, wie berichtet, zu einem Zerwürfnis innerhalb von Türkis-Grün. Denn an erster Stelle wurde der Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, Michael Sachs, gereiht. Das konvenierte den Grünen nicht, sie hegen Zweifel an der Qualifikation des ÖVP-Wunschkandidaten und bemängeln Sachs’ Erfahrung in Wettbewerbs- und Kartellrecht.

Baukartell

Darüber hinaus könnte in Zeiten des Baukartells, gegen das die BWB ermittelt, das Engagement von Zehetners Kanzleipartner bei der Österreichischen Gesellschaft für Baurecht und Bauwirtschaft (Ögebau) den Anschein von Befangenheit erwecken, versteht sich die Ögebau doch als "Sprachrohr der Baujuristen und der Baupraktiker gegenüber der Öffentlichkeit (Gesetzgebung etc.)". Das bestreitet Zehetner. Vorteilhaft erscheint allerdings allein der Anschein eines möglichen Interessenkonfliktes nicht.

Dass bei der Besetzung der Wettbewerbskommission nichts weitergeht, hängt wohl auch mit dem Politstreit um die Besetzung der BWB-Generaldirektion zusammenhängen. Denn würde Sachs gegen alle Widerstände der Vorzug gegenüber der interimistischen BWB-Chefin, Natalie Harsdorf-Borsch, gegeben, stünde der Verwaltungsrichter für die Wettbewerbskommission nicht mehr zur Verfügung.

Alles steht

Die Folge: Alles steht. Denn Wirtschaftsminister Kocher lässt die BWB-Personalauswahl rechtlich prüfen. Von wem, das stehe noch nicht fest, sagte eine Sprecherin.

Offen ist auch, ob das Ministerium Maria Mercedes Ritschl von der Industriellenvereinigung und Stephan Wiener (Tiroler Landesregierung) erneut in die Wettbewerbskommission beruft. (Luise Ungerboeck, 17.7.2022)