Foto: Imago / Nina Liashonok

Russland habe gehörigen Respekt vor den zunehmenden ukrainischen Gegenangriffen: Dieser Ansicht ist das britische Verteidigungsministerium, das seit Beginn des russischen Angriffskriegs fast täglich Geheimdienstinformationen über die Lage in der Ukraine publiziert. Dem am Sonntag auf Twitter veröffentlichten Bericht zufolge verstärke Russland seine defensiven Positionen im Süden des Landes: "Das beinhaltet die Bewegung von Personal, Material und defensiver Vorräte zwischen Mariupol und Saporischschja sowie in Cherson."

London geht davon aus, dass die russischen Defensivmaßnahmen eine Reaktion auf erfolgreiche ukrainische Angriffe auf feindliche Kommandoposten, logistische Knotenpunkte und Waffendepots sind. Dabei spielt der US-Mehrfachraketenwerfer Himars mit seiner großen Reichweite (bis zu 70 Kilometer) und Präzision eine große Rolle. Die ukrainischen Truppen verfügen derzeit über etwas mehr als 20 Stück dieser Waffe. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte vom Westen bereits mehr davon, inklusive Raketen mit noch größerer Reichweite.

Angeblich Jet abgeschossen

Was Himars betrifft, will Russland eine dieser vom Westen gelieferten Waffen im Gebiet Donezk zerstört haben, genauso in Odessa ein Depot mit Harpoon-Raketen. Auch will Moskau in der Region Charkiw mit der Luftabwehr vom Boden aus einen Kampfjet vom Typ Suchoi Su-25 sowie in der Region Slowjansk mit einem Jagdflugzeug einen Kampfhubschrauber vom Typ Mi-17 abgeschossen haben. Diese Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Experten weisen aber darauf hin, dass die Himars-Mehrfachraketenwerfer nur schwer zu orten und zu zerstören seien.

Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor eine Intensivierung der Angriffe in der Ukraine angekündigt. Auch der ukrainische Generalstab in Kiew hatte am Sonntagmorgen von massivem Beschuss vor allem mit Artillerie berichtet.

Auf der anderen Seite erklärte der ukrainische Generalstab, dass man in der Region Slowjansk erfolgreich russische Angriffe abgewehrt habe. Demnach habe es massiven Artilleriebeschuss auf militärische und auf zivile Infrastruktur in verschiedenen Ortschaften gegeben – allerdings ohne Erfolg. Auch diese Angaben können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

Zivile Todesopfer auf beiden Seiten

Unterdessen berichteten beide Kriegsparteien am Wochenende von zivilen Todesopfern. Ukrainischen Behörden zufolge wurden durch russischen Beschuss in der Region Donezk drei Zivilisten getötet und zwölf verletzt. Die prorussischen Separatisten der selbsternannten "Volksrepublik Luhansk" erklärten ihrerseits, ukrainische Truppen hätten ein Busdepot, eine Gesundheitseinrichtung und mehrere Wohnungen getroffen. Dabei seien zwei Zivilisten getötet worden.

Beim Angelus-Gebet am Sonntag hat Papst Franziskus jedenfalls einen neuen Appell für Frieden in der Ukraine gerichtet. "Ich bin immer der gequälten ukrainischen Bevölkerung nahe, die jeden Tag von einem Regen von Raketen getroffen wird", sagte der Pontifex vor den auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen. "Ich bete und hoffe, dass sich alle internationalen Akteure für die Wiederaufnahme der Verhandlungen einsetzen." (Kim Son Hoang, 17.7.2022)