Darüber, wie die gestiegenen Preise für Gas und Strom in den Griff zu bekommen sind, herrscht Uneinigkeit.

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Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) bekräftigt angesichts der gegenwärtigen Teuerung und der Diskussion um geeignete Maßnahmen dagegen seine Forderung nach der Einsetzung einer Preiskommission. Diese solle die Preise kontrollieren und im Ernstfall auch bestimmen. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) will unterdessen den Vorschlag von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr zur Kostenbegrenzung für Stromkunden rasch prüfen lassen und peilt die Umsetzung einer Unterstützung bei den Energiekosten für Herbst an

Preiskommission gesetzlich schon möglich

Eine Preiskommission sei laut Preisgesetz vorgesehen und könne jederzeit eingesetzt werden, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Montag im Ö1-"Morgenjournal": "Diese soll die Entwicklung der Preise überwachen." Möglich sei das derzeit aber etwa nur bei den Lebensmittelpreisen, und nicht bei Gas und Strom. "Nach unserer Vorstellung wäre das auch im Energiebereich sinnvoll. Das lässt das Gesetz nicht zu, das müsste man ändern", sagte Katzian.

Eine Kontrolle der Preise durch eine Kommission sei nötig, solange es keine Mehrwertsteuersenkung gebe und solange eine ähnliche, bereits eingesetzte Kommission im Finanzministerium ein "zahnloser Tiger als Bettvorleger" sei.

Kritik an Größe von Expertinnengruppe

Gemeint ist damit die Expertinnengruppe zur Beobachtung und Analyse der Inflation (EBAI), die seit dem Frühling existiert und mit Vertreterinnen und Vertretern von rund 20 Institutionen – darunter Sozialpartner, Wifo, IHS, Fiskalrat, Nationalbank, Seniorenrat, Bundeswettbewerbsbehörde – besetzt ist. Sie kann Handlungsvorschläge aussprechen, die allerdings nicht bindend sind.

Der Chef einer der beteiligten Institutionen, Fiskalratspräsident Christoph Badelt, ließ im Gespräch mit Ö1 Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Expertinnengruppe durchblicken. "Das Gremium ist sehr sehr groß, seine Handlungsfähigkeit ist daraufhin zu beurteilen", sagte er.

Kommission für Badelt nur bei Gaslieferstopp sinnvoll

Skeptisch sieht er allerdings auch die ÖGB-Forderung nach einer Preiskommission. Diese sei nur in einem Fall notwendig: wenn Russland den Gashahn komplett abdrehe. Dann solle Badelts Ansicht nach eine Preiskommission entscheiden, wie viel Produkte für den Konsumenten kosten – sei es "der Liter Superbenzin oder der Liter Milch".

Katzian hielt dagegen, dass man sich rechtzeitig auf eine derartige Situation vorbereiten müsse. "Seit Wochen wird spekuliert, dass nach den Reparaturarbeiten an North Stream 1 der Gashahn nicht wieder aufgedreht wird", gab er zu bedenken. Die Arbeiten an der Pipeline sind noch bis Donnerstag angesetzt. Wie das Kaninchen vor der Schlange zu warten sei der falsche Weg, so Katzian: "Ich weiß nicht, wie sich das manche vorstellen: Dass wir jetzt warten und erst, wenn es so weit ist, eine Kommission machen?" Besser sei es, vorbereitet zu sein.

ÖGB und SPÖ wollen Übergewinne für Stromrechnungsdeckel abschöpfen

Den Stromrechnungsdeckel, den Finanzminister Magnus Brunner nun im Auftrag von Bundeskanzler Karl Nehammer (beide ÖVP) prüfen lässt, begrüßt Katzian übrigens. "Ich bin sehr froh, dass das endlich passiert." Ein Energiepreisedeckel für private Haushalte sei unumgänglich, weil die die Krise und die Teuerung mitten in der Gesellschaft angekommen seien.

Wie der Stromrechnungsdeckel finanziert werden solle? Mit den krisenbedingten Übergewinnen der Energieversorger, die abgeschöpft werden sollen, findet Katzian. Immerhin habe die Krise laut Berechnungen der europäische Energieagentur zwei Milliarden Euro in die Kassen der Energieversorger gespült.

Dem stimmt auch die SPÖ zu. Die Partei fand es positiv, dass ihr Vorschlag, die Haushalte mit einem Energiepreisdeckel zu entlasten, immer mehr Unterstützung bekommt, und fordert, dass ein etwaiger Energiepreisdeckel mit Übergewinnen der Energiekonzerne finanziert wird. "Energieerzeuger und Energielieferanten machen durch die extremen Preise Milliarden an Übergewinnen", betonte der rote Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter: "Die gehören abgeschöpft und jeweils zur Hälfte an die Haushalte zurückgegeben und für Investitionen in erneuerbare Energie verwendet." Geht es nach der SPÖ sollen die Gewinne abgeschöpft werden, die zehn Prozent über dem Gewinn des Vorjahres liegen.

Wifo-Chef für Energiesparen durch Preisgrenze

Für Wifo-Chef Gabriel Felbermayr müsse es vor allem darum gehen, dass die Energiepreisgrenze zum Energiesparen animiert. Laut seinen Plänen sollen bei Durchschnittshaushalten und gegebenenfalls auch kleineren gewerblichen Verbrauchern die Rechnungen dann nicht um mehr als zehn oder 20 Prozent steigen. Es gebe aber noch offene Fragen ,und das Budget werde belastet werden.

"Daher sollten die Energieversorger einen Teil des Energieverbrauchs der Haushalte kostenfrei abgeben, für den Rest aber Marktpreise verrechnen", so der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts. Die Logik sei simpel, es sind laut Felbermayr für eine Umsetzung – die Politik prüft den Vorschlag – aber noch wichtige Fragen zu klären.

Nehammer hatte bereits am Wochenende angekündigt, den Vorschlag Felbermayrs prüfen zu wollen. Am Montag nannte er als Ziel, dass die Unterstützung dann kommen müsse, wenn die Heizsaison beginne und die Energiekosten tatsächlich stark spürbar werden. Aktuell gehe es um die konkreten Inhalte und deren Ausgestaltung, etwa welche rechtlichen Rahmen und technischen Möglichkeiten nötig bzw. datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten seien. Es gehe darum, auszuloten, was vernünftig und was sinnvoll sei, so Nehammer. (rach, red, 18.7.2022)