Johnny Depp während eines Auftritts mit Jeff Beck in Helsinki im Juni. Nach Österreich führt die laufende Tour des Duos nicht.

APA / Jussi Nukari

Es dürfte einigermaßen bekannt sein, dass Johnny Depp gerade einen hässlichen Rosenkrieg mit seiner Ex Amber Heard hinter sich gebracht hat. Daraus scheint er zwar als "Sieger" hervorgegangen zu sein. Nach dem Motto "Schlacht gewonnen, Krieg verloren" dürfte aber sein Ansehen dank gewisser, schwer toxischer Verhaltensweisen nachhaltig leiden.

In Hollywood ist Johnny Depp jedenfalls für einige Zeit erledigt. In Europa stehen demnächst wieder Dreharbeiten an. Johnny Depp wird den die Französische Revolution vorbereitenden König Louis XV. in Jeanne du Barry spielen. Der rockte sich ja einst auch dank Despotismus und Verkommenheit vom geliebten zum ungeliebten König runter, um den Rest seinen Nachfolger Louis XVI. erledigen zu lassen. Eine Parallele, die Depp laut Gerichtsakten eventuell nachvollziehen kann.

Apropos Runterrocken: Wie gut, dass es da den Rock ’n’ Roll gibt. In diesem kann man sich 2022 immer noch als Mischung aus "Pirat der Karibik", Keith Richards als Comics-Figur und einem irischen Schläger im Stile des Scorsese-Films Gangs of New York inszenieren, ohne dass es gleich unpackbar peinlich wird. Klar, der Bub ist aus Hollywood. Natürlich ist er ein Poser.

Ein begnadeter Poseur

Gerade hat Depp gemeinsam mit der britischen Gitarrengottheit Jeff Beck das Album 18 veröffentlicht. Johnny Depp wollte immer schon eher Rockmusiker als Schauspieler werden. In der Vergangenheit schlich er in freien Drehzeiten um augenscheinlich hart lebende Leute wie Keith Richards, Iggy Pop, Marilyn Manson oder Shane McGowan herum. Er wirkte immer wieder auf diversen Alben mit, unter anderem in der Band P aus dem Umfeld der Pharmazeutenband Butthole Surfers aus den USA. Mit denen geigte er sogar einmal im Wiener U4.

Jeff Beck

Mit Jeff Beck ist es nun ein wenig ernsthafter geworden. Immerhin gilt der 78-jährige Brite als ehemaliges Mitglied der Yardbirds sowie solo als einer der besten Rockgitarristen aller Zeiten. Mit seiner Jeff Beck Group machte er Ende der 1960er-Jahre auch Leute wie Rod Stewart oder Ron Wood salonfähig. Bis heute heimste Jeff Beck gut zwei Handvoll Grammys für seine melodiös-vibrierende Saitenkunst ein.

Depp beschränkt sich auf 18 nicht nur darauf, den begnadeten Rockposeur zu geben. Immerhin schafft er es mit The Death and Resurrection Show der britischen Prügelband Killing Joke, den väterlichen Freund an der Gitarre aus der Reserve zu locken und Richtung brachialer Rock im Stile der Nine Inch Nails zu scheuchen. Und auch Depps selbstgemachte Kuschelrock-Ballade This is a Song for Miss Hedy Lamarr überzeugt mit wimmerndem Solo und Depps recht passabler Stimme.

Die sonst vorliegenden Coverversionen, mit denen sich das Duo gerade auf Tournee befindet, klingen professionell und amtlich: Venus in Furs von The Velvet Underground, What’s Going On von Marvin Gaye oder Isolation von John Lennon. Mehr als eine Postkarte über dieses Album muss man aber eigentlich auch nicht nach Hause schreiben.

Mit seiner immer wieder wiedergehenden Band Hollywood Vampires, die unter anderem aus Alice Cooper und Aerosmith-Gitarrist Joe Perry besteht, wird Johnny Depp übrigens nächstes Jahr nach Österreich kommen: Am 1. 7. 2023 wird ohne Jeff Beck auf der Burg Clam im unteren Mühlviertel nahe Grein an der Donau gerockt werden. (Christian Schachinger, 20.7.2022)