Mit echtem Holz können die Pflanzenstrukturen aus dem MIT-Labor noch nicht konkurrieren, man will das Verfahren nun aber auch für Baumzellen anpassen.

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Wälder sind wichtig, aber auch gefährdet. Der Amazonas als "Lunge der Welt" schrumpft seit Jahrzehnten, um – häufig auch illegal – landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. Jährlich fällt die Menschheit etwa 15 Milliarden Bäume. Gleichzeitig sorgt der Klimawandel für häufigere Feuerausbrüche in Forstgebieten, während aufgrund der Energiekrise Holz auch als Brennstoff wieder in die Diskussion kommt.

An einer möglichen Abhilfe für die Zukunft arbeiten Forscher des renommierten Massachussetts Institute of Technology (MIT). Ihnen ist es gelungen, Holz im Labor zu züchten – ganz ohne Bäume, wie man Ende Mai vermeldete.

"Laborholz" aus der Zinnie

In ihrem Versuch haben sie normalen Pflanzenzellen Eigenschaften verpasst, wie man sie sonst vor allem von Stammzellen kennt. Sie extrahierten Zellen aus den Blättern einer Zinnie (Zinnia elegans), die man hierzulande vor allem als sommerliche Gartenblume kennt. Diese wurden zunächst in einem flüssigen Medium aufbewahrt und nach einigen Tagen in ein Gel überführt, das mit Nährstoffen und Hormonen angereichert war.

Darin begannen die Zellen, sich zu vermehren. Die Wissenschafter stellten darüber hinaus fest, dass die physischen und mechanischen Eigenschaften der Zellen sich durch Änderungen an der Hormonkonzentration beeinflussen ließen. Dort, wo mehr Hormone zugeführt wurden, entstanden Zellen, die dank kleinerer und dichterer Strukturen steifer und damit holzähnlicher waren. Allerdings fehlt es an ausreichend Lignin – jenem Polymer, das Äste und Stämme von Pflanzen "holzig" macht –, um mit Baummaterial konkurrieren zu können.

Versuchsleiterin Ashley Beckwith zieht einen Vergleich: "Im menschlichen Körper gibt es Hormone, die bestimmen, wie Zellen sich entwickeln und wie bestimmte Eigenschaften sich ausformen", so die Forscherin. "Und so zeigen auch Pflanzenzellen unterschiedliche Reaktionen, wenn man die Hormonkonzentration ändert." Allein damit könne man "ziemlich dramatische" Variationen erzielen.

Aber nicht nur das. Mithilfe einer organischen, 3D-gedruckten Struktur konnte man auch beliebige Formen wachsen lassen. Zudem zeigte das "Laborholz" über drei Monate in der Dunkelheit eine etwa doppelt so hohe Wachstumsrate wie viele Bäume.

Forschung steht noch am Anfang

Dieser Prozess hält einige Implikationen für die Zukunft bereit. Denkbar wäre es, eines Tages etwa gezielt Möbelstücke und andere Holzprodukte auf diese Weise wachsen zu lassen. Das würde einen großen Teil der mechanischen Bearbeitung und damit Energie sparen. Und weil das Laborholz gleich in die gewünschte Form wächst, entstehen auch keine Abfälle. Bei herkömmlicher Möbelherstellung wird nur rund 70 Prozent des Holzes genutzt, der Rest entfällt auf Bruchstücke, Sägespäne und andere Reste.

Wenngleich die bisherigen Ergebnisse vielversprechend sind, steht die Forschung dennoch erst am Anfang. Weitere Experimente und Untersuchungen sind notwendig, bevor das Verfahren überhaupt für kommerzielle Zwecke optimiert werden kann. Man hofft, mit der eigenen Arbeit auch weitere Forschung in diesem Bereich anzustoßen.

Herausfinden will man am MIT nun, wie man gezielt die Bildung und Einlagerung von Lignin in die Zellwände beeinflussen kann. Man will weiters versuchen, das Verfahren auf andere Pflanzenspezies, insbesondere kommerziell beliebte Bäume, zu übertragen. (gpi, 20.7.22)