Barbara Staudinger, neue Leiterin des Jüdischen Museums Wien, hat ihre Traumwohnung im sechsten Bezirk gefunden und genießt darin Leere und Leichtigkeit. Bloß den Hammer hat sie noch nicht gefunden.

"Ich mag diese Leere, diese Leichtigkeit, diesen vielen Luftraum um mich herum. Manche würden sagen, dass die Wohnung noch nicht fertig eingerichtet ist, und tatsächlich fehlen noch ein paar Dinge, da und dort noch eine Kommode, vor allem Bilder an der Wand. Ich bin ja erst vor zwei Monaten eingezogen. Aber, ganz ehrlich, viel fehlt nicht mehr.

Barbara Staudinger in ihrer Altbauwohnung, die sie im Internet entdeckt hat.
Foto: Lisi Specht

Diese Wohnung ist genau das, wie ich für mich Wohnen definiere. Es muss schön und gemütlich sein, am besten mit einem Hauch Sixties, es darf und soll "in progress" sein, nicht immer alles perfekt, vor allem aber darf man sich selbst nicht immer so wichtig nehmen.

Ich will mich, meine Person, meine Mode, mein Wohnen, meinen Umgang mit Menschen nicht inszenieren. Das ist eh schon eine große Aufgabe angesichts meines Jobs, denn als Direktorin eines Museums ist man immer auch einer gewissen Inszenierung verhaftet. Die Repräsentation ist Teil dieses Berufs. Man muss nur sehr vorsichtig damit umgehen. Ich habe mal zwei Jahre in München gewohnt, und an München gefällt mir nicht, dass es das Wort Understatement dort nicht gibt. Und das passiert ausgerechnet mir! Wo doch mein zweiter Vorname Understatement ist!

Bis vor kurzem haben mein Sohn und ich im zweiten Bezirk gewohnt. Aber mit einer Mutter, die auch im Homeoffice arbeitet, und einem Burschen inmitten seiner Pubertät war das einfach zu eng. Also war klar: Wir müssen uns vergrößern. Wir wohnen jetzt hier im sechsten Bezirk in der Gumpendorfer Straße, schöner Altbau, 130 Quadratmeter, gefunden im Internet. Ich muss gestehen: Ich hatte nicht gewusst, wie heiß umkämpft der Wohnungsmarkt ist. Ich habe sicher an die 15 Wohnungen besichtigt, bis ich fündig geworden bin. Und ich beneide niemanden, der mit einer gewissen Dringlichkeit in einer prekären Situation Wohnraum sucht. Die Zeiten sind echt hart.

"Die Wohnung war längere Zeit am Markt, weil sie den meisten mit dem großen Vorraum und dem eigenartigen Grundriss vielleicht zu verschnitten war", sagt Barbara Staudinger.
Fotos: Lisi Specht

Ich denke, mit dieser Wohnung hatte ich großes Glück. Als die Wohnungstür zum ersten Mal aufgegangen ist, stand ich plötzlich in einem 30 Quadratmeter großen Vorzimmer mit Fenster. Mein erster Eindruck: Ballsaal! Die Wohnung war längere Zeit am Markt, weil sie den meisten mit dem großen Vorraum und dem eigenartigen Grundriss vielleicht zu verschnitten war. Wir fühlen uns hier extrem wohl, eine richtige Traumwohnung. Vor allem aber: Es gibt genug Platz, damit der Sohn der Mutter aus dem Weg gehen kann, wenn sie ihn wieder mal nervt.

Bevor ich die Leitung des Jüdischen Museums Wien übernommen habe, war ich Direktorin des Jüdischen Museums in Augsburg. In all den Jahren hatte ich eine Wohnung in Wien, gemeinsam mit meinem Sohn, und eine WG in Augsburg. Ich bin wöchentlich gependelt, fünf Stunden mit dem Zug pro Richtung. Einerseits eine wertvolle Arbeitszeit, und im Speisewagen macht man die spannendsten Bekanntschaften, auch wir – der Journalist und die Museumsleiterin – sind uns ja auf diesem Wege begegnet, sehr lustig, oder?

Andererseits geht das schon auch auf Kosten von Schlaf, Rücken und Lebenskomfort. Die Zeit in Augsburg war wunderwunderschön, ich hatte ein tolles Team, wir haben viel auf die Beine gestellt. Doch jetzt bricht eine neue Zeit an, und ich finde das super.

"Manche würden sagen, dass die Wohnung noch nicht fertig eingerichtet ist", sagt Barbara Staudinger. Doch sie mag die Leere und die Leichtigkeit.
Fotos: Lisi Specht

Mit der Übernahme des Jüdischen Museums in Wien komme ich in gewisser Weise zu Hause an. Ich liebe diese Stadt, und es stimmt mich glücklich, dass ich dieses Zuhausegefühl nun nicht mehr nur am Wochenende erlebe, sondern jeden Tag aufs Neue. Ich trete in schöne Fußstapfen und werde die Offenheit und Zugänglichkeit, die Danielle Spera praktiziert hat, weiterverfolgen und auch noch weiter ausbauen.

Und was das Wohnen betrifft: Es ist grad so viel Neues in meinem Leben, ich bin wunschlos glücklich. Es braucht noch ein Katzengitter fürs Fenster, damit Struppi und Zimuk nicht auf die Straße runterspringen. Bis dahin vertraue ich auf den Turmfalken, der gegenüber wohnt und die Katzen nicht aus den Augen lässt.

Und ich hoffe, dass ich bald meinen Hammer finde, den ich schon seit zwei Monaten suche." (25.7.2022)