Beim sogenannten Flammen wird ein wiederkehrendes Muster auf Krüge oder Teller angebracht.

Foto: Gmundner Keramik

"Zu Hause schimpfen sie gerne mit mir, weil ich immer neugierig bin. In der vergangenen Woche waren wir bei einer Geburtstagsfeier geladen, die Tortenstücke wurden besonders schön angerichtet. Der Keramikteller hatte einen hellgelben Rand und ein Blatt als Motiv auf der Innenseite. Ich musste einfach wissen, wer das gemalt hat. Also hob ich den Teller und schaute auf die Rückseite. Dort ist ein Stempel, an dessen Farbe und Buchstaben erkennt man, wer ihn bemalt hat und wann. Ich sah: Den Teller, der vor mir stand, habe ich verziert. Ich hatte die größte Freude.

Die Keramik war eigentlich eine Notfalllösung. Meine damalige Nachbarin arbeitete im Büro und erzählte mir, in der Malerei wäre eine Stelle frei. Ich wollte gar nicht, ich kann ja nicht malen, dachte ich. Aber ich brauchte zur Überbrückung einen Job für ein paar Monate. 41 Jahre später bin ich noch immer hier. Heute leite ich die Malerei, es ist eine unglaublich schöne Aufgabe, auf die ich nach wie vor sehr stolz bin.

Auch wenn ich es damals kaum glauben konnte: Einige Dekore gelangen mir ganz gut. Und es machte mir Spaß, sie zu malen. Andere Kolleginnen hatten mehr Talent, sie waren für außergewöhnliche Malereien zuständig. Zuerst galt ich als "Angelernte", später habe ich die Ausbildung zur Keramikerin im Betrieb nachgeholt.

Gabriela Fröhlich begann 1981 als angelernte Malerin. Heute leitet sie die Malerei der Gmundner Keramik.
Foto: Gmundner Keramik/Schrott Christina

Fokus auf Qualität

Ganz früher malten wir in einer Baracke, in kalten Wintern trugen wir Anorak. Wir waren so eine nette Gruppe, wir sind freiwillig bis spät abends geblieben, weil es in der Arbeit so lustig war. Ich malte und malte, 25 Jahre lang machte ich auch Führungen im Haus. Das brachte Abwechslung. Dann erhielt ich ein Angebot, die Malerei zu leiten.

Als ich 1981 begonnen habe, hatten wir mehr als 100 Malerinnen. Heute sind es 24 und ich bin stolz auf jede Einzelne, sie sind sehr talentiert.

Wir bemalen Teller, Tassen, Schüssel, Krüge, Vasen, Becher, Salz- und Pfefferstreuer. Die Modelle wechseln immer wieder durch. Wenn ein neues Motiv ins Sortiment dazukommt, fällt ein anderes raus. Sonst wird es zu viel, wir müssen uns auf die Qualität konzentrieren. Das sogenannte Geflammte funktioniert sehr gut, uns hilft dabei, dass es zum Unesco-Weltkulturerbe zählt.

Wiedererkennungswert

Das Flammen ist im Prinzip das Aufbringen eines wiedererkennbaren Musters. Dazu zählen zum Beispiel die klassischen Halbkreise am Tellerrand oder das blumige Muster in der Mitte eines Tellers. Ich habe das Flammen noch mit einem Malhörnchen gelernt. Es schaut ein bisschen aus wie ein Keramik-"Schweinderl". Vorn hat es eine Düse, aus der die Farbe kommt. Heute haben wir Flamm-Stationen, die Farbe rinnt permanent aus einem dünnen Schlauch aus einer Pumpe. Der große Vorteil: Wir müssen nicht so oft die Farbe nachfüllen.

Neben dem Flammen gibt es noch die Konturmalerei mit vorgegebenen Motiven, etwa Streublumen oder Hirschen. Die Konturen werden mit einem Stempel angebracht und danach mit der Farbe ausgefüllt. Die Freihandmalerei beschäftigt sich viel mit aufwendigen Jagdmotiven. Drei bis vier Malerinnen eignen sich besonders gut für Spezialanfertigungen.

Bei uns ist alles möglich, jeder Sonderwunsch kann erfüllt werden – egal, ob wir nur eine andere Flamm-Farbe verwenden oder ein gewünschtes Motiv malen. In letzter Zeit bekommen wir viele Anfragen, ein bestimmtes Motiv auf einen Teller oder ein Häferl zu malen.

Jedes Produkt ist ein Unikat. Rund 60 Handgriffe sind bei der Herstellung erforderlich.
Foto: Gmundner Keramik

Lebendige Struktur

Ein Stück ist gelungen, wenn das Glasurbild passt. Aber das mag jeder anders sehen. Die Einteilung des Motivs muss stimmen, und die Farbe auch. Das klingt einfacher, als es ist: Das klassische Grün verhält sich eigen. Es weitet sich im Brennofen aus. Dadurch ist es an manchen Stellen auch heller, an anderen dunkler. Das ist durchaus gewollt. "Die Struktur lebt", sage ich gerne dazu. Grau und Rot sind strenge, exakte Farben, die stocken. Sie bleiben auch im Ofen exakt dort, wo sie angebracht sind.

Ein Teller wird geformt, getrocknet, glasiert, bemalt, gebrannt und kommt in die Qualitätskontrolle. Im Schnitt braucht es zwei Wochen, bis er fertig ist.

Leute werfen uns oft vor, dass unsere Keramik so teuer ist. Das ärgert mich ein wenig. Bei einer Führung sehen sie, welche Arbeitsschritte dahinterstecken. 99 Prozent der Leute finden dann, dass es ein fairer Preis ist. Manche werfen uns vor, dass sie so viel Geld ausgeben, und am Ende ist das Muster immer noch nicht völlig gleichmäßig angebracht. Aber das ist doch das Schöne! Das macht die Handarbeit aus. Es geht auch andersherum: Andere werfen uns vor, das Muster sei so gleichmäßig, das hätten wir nicht gemalt, sondern aufgeklebt!

Ein Job mit Abwechslung

Ich habe eine abwechslungsreiche Arbeit. Ich delegiere die Aufträge, die wir bekommen, teile sie den Leuten nach ihren Fähigkeiten zu. Meine Rolle ist eine kontrollierende. Ich achte auf die Qualität, nicht nur in der Malerei, sondern auch im Brennhaus. Und es ist Arbeit am Computer. Zum Malen komme ich heute leider gar nicht mehr.

Es gibt natürlich auch Tage, an denen die Arbeit weniger Spaß macht – etwa wenn das Glasurbild nicht stimmt. Das ist bei einer Handarbeit ganz normal. Wenn wir die Fenster zum Lüften öffnen, haben wir viel Staubbefall. Keramik ist ein Naturprodukt. Wenn es schwül ist, trocknet der Ton ganz anders. Wir haben einmal ewig nach einem Fehler gesucht, bis wir erkannten, dass es am Wetter liegt. Im Winter haben wir in der Regel viel weniger Probleme.

Das Sortiment für das Weihnachtsgeschäft wird meist schon im September produziert. Muttertag und Ostern sind weitere Highlights für uns. Gmundner Keramik ist bekannt und beliebt. 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung kennt die Marke, knapp die Hälfte der Haushalte besitzt zumindest ein Stück Gmundner Keramik.

Bei Gmundner Keramik würden viele an das klassische Grün denken, sagt Fröhlich. Dabei gibt es das Geschirr auch in anderen Farben.
Foto: Gmundner Keramik/Christian Demetrescu

Bunte Palette

Auf einem Flohmarkt sah ich einmal ein Keramikset von mehreren kleinen Eierbechern. Auf ihnen waren kleine Hühner abgebildet. Bei bestimmten Stücken weiß ich auswendig, dass sie von mir sind. Ich finde, das Set ist mir gut gelungen. Mir hat es gefallen, und ich wollte es dem Aussteller abkaufen. Aber er hat eine Unmenge dafür verlangt, ich lehnte doch noch ab.

Manche finden die Keramik sogar schirch, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Viele von ihnen besitzen aber selbst ein paar Stücke – oft, weil sie es geerbt haben. Sie dachten zunächst, das sei altmodisch. Und später ändern sie die Meinung.

Das Geflammte ist für mich wirklich ikonisch, aber ich will niemanden beeinflussen. Mir gefällt das Geschirr eben. Die meisten glauben, die Gmundner Keramik gebe es nur in Grün. Das ist ein Irrtum. Sie sind ganz überrascht, wenn sie zu uns kommen und unsere ganze Palette sehen.

An dem typischen Grün kann ich mich trotzdem nicht sattsehen. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich in ein Restaurant gehe und dort das klassische Geschirr sehe. Wenn ich erkenne, dass etwas wirklich schön verarbeitet wurde, bereitet es mir die größte Freude." (Lukas Zahrer, 22.7.2022)