Österreich schied gegen Deutschland im Viertelfinale der Euro aus...

Foto: IMAGO/Eibner/Memmler

Die Leistungen bei der Endrunde sind aber ein Zeugnis des Fortschritts.

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Im Fußball ist es eine Tatsache, dass man nach einem verlorenen K.-o.-Spiel aus dem Turnier ausscheidet. Österreich hat das Viertelfinale gegen Deutschland verloren, man darf also nicht weiterspielen. Eine weitere Tatsache im Fußball ist aber auch, dass immer ein nächstes Spiel, eine nächste Herausforderung ansteht. Vor dem Blick in die Zukunft kommt aber meistens die Aufarbeitung des unmittelbar Vergangenen: Und das ist, no na, die Europameisterschaft in England.

Spricht man mit Spielerinnen und Betreuerinnen fallen vor allem zwei Attribute: stolz und bitter. Stolz auf die gezeigten Leistungen bei der Euro (Carina Wenninger), stolz auf die Art und Weise des Auftretens (Teamchefin Fuhrmann), stolz auf das Team (Torfrau Manuela Zinsberger). Dass man jetzt heimfliegen muss, ist bitter (Fuhrmann, Zinsberger, Wenninger, Barbara Dunst, Laura Feiersinger).

Österreich zeigte gegen Deutschland nach anfänglicher Nervosität eine gute Partie, vor allem in der ersten Halbzeit. Darauf kann man stolz sein. Umso bitterer war der Zeitpunkt des Gegentors in der 25. Minute durch Lina Magull. Es war eine Phase, in der Fuhrmanns Team sehr gut im Spiel war. Eine Phase, in der die Favoritinnen aus Deutschland die Power der Österreicherinnen zu spüren bekamen, und eine Phase, in der Österreich unter Beweis stellen konnte, dass man nicht zufällig so weit im Turnier gekommen war. Österreichs Offensivbemühungen endeten dreimal an jenem Aluminium, das das Tor begrenzt, Deutschland traf zweimal die Stangen.

Pech und Kluft

Das ist Pech, ziemlich großes sogar. Der Führungstreffer machte es für die deutsche Elf einfacher, das 2:0 in der Schlussphase durch Popp war die Entscheidung. Es war auch ein Resultat des zögerhaften bis mangelhaften Herausspielens der Österreicherinnen. Österreichs Keeperin Zinsberger sah nicht gut aus, im Endeffekt war es aber wurscht. Zinsberger stampfte beim anschließenden Medientermin auf: "Wollts gleich übers Tor reden?" Nein, zumindest nicht gleich.

DER STANDARD

Laut Teamchefin Fuhrmann waren es am Ende der "eine oder andere Fehler zu viel. Ein Team auf diesem Niveau nützt das eiskalt aus." Und trotzdem: Am Ende zeigte Österreich wieder, dass man die Topteams fordern (England und Deutschland) und sie sogar bezwingen (Norwegen) konnte.

Die Kluft zwischen den großen Nationen und Österreich, einem Land, in dem gerade einmal sieben Prozent aller gemeldeten Fußballspielenden weiblich ist, wurde kleiner. Das bleibt. Und wohl noch mehr.

Aufmerksamkeit und Lorbeeren

Österreichs Fußballerinnen kämpfen seit jeher nicht nur um Tore und Siege, sondern auch um Aufmerksamkeit. Und dafür braucht es die Zuspitzung bei Großereignissen und eben auch Leistungen, die den Erwartungen entsprechen, ja sie vielleicht sogar übertreffen. Wie schon zur Euro 2017, bei der das Land ein wenig überrascht wurde, gab es Public Viewings, es wurde gratuliert, mitgefiebert, angefeuert. Das Spiel gegen Deutschland sahen im ORF zur Spitze rund eine Million Zuseherinnen und Zuseher. Ganz so überraschend wie vor fünf Jahren waren die Leistungen aber nicht.

Nach der Euro ist jedenfalls mitten in der WM-Qualifikation. Österreich hat den Playoff-Platz sicher, die Spiele finden im Oktober statt, man will sich erstmals für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. Denn es geht im Fußball immer weiter. Es geht im Fußball aber auch darum, sich einen Ruf und ein Renommee zu erarbeiten.

Vorschusslorbeeren gewinnen zwar keine Spiele, sie helfen aber. Österreichs Team hat sich bei der Euro einen Ruf erarbeitet, der nicht mehr auf Glück, Zufall und defensives Mauern aufbaut. Jetzt gilt es die Kluft zu den Topnationen weiter zu schließen. (Andreas Hagenauer aus London, 22.7.2022)