Das Österreichische Impfgremium (NIG) empfiehlt nur bestimmten Risikogruppen eine Impfung gegen Affenpocken, nicht der allgemeinen Bevölkerung.

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Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Affenpocken-Ausbruch in mehr als 50 Ländern zu einer "Notlage von internationaler Tragweite" erklärt. Das gab WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus bei einer Presskonferenz bekannt. Die Einstufung soll die Aufmerksamkeit der Mitgliedsländer erhöhen, hat aber keine direkten praktischen Folgen, denn die Regierungen entscheiden selbst über etwaige Maßnahmen in ihren Ländern.

Ob wegen der Affenpocken der Gesundheitsnotstand erklärt werden soll, war in der WHO bis zuletzt umstritten. Tedros erklärte, er habe die Entscheidung gegen die Mehrheit des beratenden Expertenkomitees getroffen. Lediglich sechs Mitglieder des Gremiums hätten für diese Einstufung und neun dagegen gestimmt.

Bei ihrer ersten Dringlichkeitssitzung zu den Affenpocken im Juni hatten Expertinnen und Experten dem WHO-Generalsekretär noch davon abgeraten, die höchste Alarmstufe auszurufen. Seitdem haben sich die Infektionsfälle jedoch weiter ausgebreitet.

Gesundheitsministerium: "Gut gegen Affenpocken gerüstet"

Inzwischen seien mehr als 16.000 Affenpocken-Fälle in 75 Ländern bestätigt, außerdem seien fünf Menschen gestorben, sagte Tedros. Besonders betroffen sei Europa. Im Gegensatz zum Rest der Welt schätze die WHO hier das Infektionsrisiko als hoch ein, stellte der WHO-Chef klar.

In Österreich gibt es bisher 99 bestätigte Fälle. Das Gesundheitsministerium betonte am Wochenende, man sei gut gegen Affenpocken gerüstet. Österreich habe bereits alle erforderlichen Maßnahmen getroffen: Affenpocken sind seit 25. Februar als anzeigepflichtige Krankheit eingestuft. Seither erfolgen behördliche Maßnahmen wie Absonderungen und die Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Diese Woche ist auch die erste Lieferung von Impfstoff eingetroffen.

Mehrheitlich Männer betroffen

Auch drei Monate nach dem Ausbruch seien 98 Prozent der Betroffenen Männer, sagte WHO-Expertin Rosamund Lewis. Aktuell konzentrierten sich die Infektionen auf Männer, die Sex mit Männern hätten – vor allem wenn sie viele Partner hätten. "Das bedeutet, dass dieser Ausbruch gestoppt werden kann – mit den richtigen Strategien in der richtigen Gruppe", sagte Tedros. Zugleich warnte die WHO vor einer Stigmatisierung der Betroffenen. Inzwischen wurden auch in anderen Teilen der Bevölkerung Fälle verzeichnet.

So wurden in den USA nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC mittlerweile zwei Fälle bei Kindern bestätigt. Das teilte die stellvertretende Leiterin der CDC-Abteilung für Krankheitserreger mit hohem Risiko und Pathologie, Jennifer McQuiston, mit. Insgesamt gebe es in den USA mehr als 2.800 bestätigte Fälle.

Bei den Affenpocken handelt es sich um eine weniger gefährliche Verwandte der seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken, die üblicherweise in West- und Zentralafrika vorkommt. Seit Mai breiten sich die Affenpocken aber auch in anderen Ländern aus, vor allem in Westeuropa, darunter auch Deutschland. Zu den typischen Symptomen der Krankheit gehören hohes Fieber, geschwollene Lymphknoten und Windpocken-ähnliche Pusteln. Übertragen wird die Krankheit durch engen Körper- und Hautkontakt.

Zuletzt bei Corona ausgerufen

Der Gesundheitsnotstand wurde bisher nur sechs Mal ausgerufen, zuletzt im Januar 2020 wegen der rasanten Ausbreitung des damals noch neuartigen Coronavirus. Eine "Notlage von internationaler Tragweite", so der offizielle Begriff, wird bei einem "ernsten, plötzlichen, ungewöhnlichen und unerwarteten" Gesundheitsproblem, das sich in andere Länder ausbreiten kann, ausgerufen. (APA, red, 24.7.2022)