In Indien lebende Myanmarinnen protestieren.

Foto: Reuters / Anushree Fadnavis

Yangon (Rangun) – Die in Myanmar regierende Militärjunta hat erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstreckt. Vier Gefangene seien wegen ihrer Verantwortung für "brutale und unmenschliche Terrorakte" hingerichtet worden, berichtete die staatliche Zeitung "Global New Light of Myanmar" am Montag. Unter den Getöteten war demnach ein früherer Abgeordneter der Partei der entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi sowie ein weiterer bekannter Demokratie-Aktivist.

Seit ihrer Machtübernahme im Februar 2021 hat die Junta dutzende ihrer Gegner zum Tode verurteilt. In Myanmar wurden aber seit Jahrzehnten keine Todesurteile mehr vollstreckt. Anfang Juni hatte die Militärführung dann die Hinrichtungen des früheren Abgeordneten Phyo Zeya Thaw und des Aktivisten Kyaw Min Yu sowie zwei weiterer Gefangener angekündigt, aber kein Datum bekanntgegeben.

Hinrichtungen vollzogen

Die "Global New Light" berichtete nun, die Hinrichtungen seien "nach dem Verfahren des Gefängnisses" vollzogen worden. Genauere Angaben zur Methode oder dem Zeitpunkt machte sie nicht. Im Juni hatte es geheißen, die Verurteilten sollten gehängt werden.

Phyo Zeya Thaw war im November verhaftet worden, das Urteil gegen ihn fiel im Jänner. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, einen bewaffneten Angriff auf einen Pendlerzug organisiert zu haben, bei dem fünf Polizisten starben.

Kyaw Min Yu war im Jahr 1988 bei den Studentenprotesten gegen die damalige Militärregierung Myanmars bekannt geworden. Er wurde im vergangenen Oktober verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, in Online-Netzwerken zu Unruhen aufgerufen zu haben.

Handlungslosigkeit der internationalen Gemeinschaft

Die amtierende Asien-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Elaine Pearson, sprach von "einem Akt äußerster Grausamkeit". Die Junta ziele mit dieser Barbarei darauf ab, die Anti-Putsch-Protestbewegung zum Schweigen zu bringen. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die Vereinigten Staaten und andere Regierungen sollten die Junta umgehend wissen lassen, "dass die von ihr begangenen Gräueltaten Konsequenzen haben".

Der Verband Südostasiatischer Nationen (Asean) hatte vergeblich appelliert, die Todesurteile nicht zu vollstrecken. Der Menschenrechtsfachmann im Asean-Parlament, der malaysische Abgeordnete Charles Santiago, rechnet nun mit einer Zunahme der staatlichen Gewalt in Myanmar. Der Weltgemeinschaft warf er vor, nichts Wirksames zu tun, um die Militärregierung von weiteren "Gräueltaten" abzuhalten.

Der Uno-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, schrieb im Onlinedienst Twitter, die Nachricht von den Exekutionen "empört und erschüttert mich". Die "verwerflichen Taten" müssten "ein Wendepunkt" sein. "Was muss die Junta noch tun, bis die internationale Gemeinschaft entschlossen handelt?", fragte Andrews.

Reaktion von USA, Japan und China

Auch die USA verurteilten die Exekutionen. "Anführer der Demokratiebewegung und gewählte Politiker" seien hingerichtet worden, "weil sie ihre Freiheitsgrundrechte wahrgenommen haben", twitterte die US-Botschaft in Yangon. "Wir schließen uns der Trauer des myanmarischen Volkes an." Die japanische Regierung bekundete ihr "ernsthaftes" Bedauern über die Hinrichtungen. Japan leistet bedeutende Wirtschaftshilfen an Myanmar. Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi ging davon aus, dass sich das Land weiter international isolieren werde. Die Regierung in Naypyidaw wies die ausländische Kritik als Einmischung und rücksichtslos zurück. China betonte, die Regierung in Peking halte sich an das Prinzip der Nichteinmischung.

Das Militär hatte in Myanmar im vergangenen Frühjahr die gewählte Regierung unter De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt. Seither herrschen in dem südostasiatischen Staat die Militärs, gegen die sich selbsternannte Volksverteidigungskräfte erhoben haben. Die unter Hausarrest stehende Suu Kyi selbst wurde im April zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt. (APA, red, 25.7.2022)