Der Bub soll – mit menschlicher Assistenz – am nächsten Tag wieder an dem Turnier teilgenommen haben.

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Schach wird gemeinhin als Spiel der Könige bezeichnet. Ganz und gar nicht mit royaler Würde agierte allerdings ein Schachroboter auf einem Turnier in Moskau. Denn die Maschine, die eigentlich dafür geschaffen wurde, die Figurenkonstellation auf dem Spielfeld zu analysieren und dann Züge auszuführen, brach ihrem Kontrahenten kurzerhand den Finger.

Beim Gegner handelte es sich um ein siebenjähriges Kind, dessen Name von russischen Medien als Christopher überliefert ist. Auf einer Videoaufzeichnung, die zuerst auf Telegram kursierte und sich von dort aus nun ihren viralen Weg durchs Netz bahnt, sieht man, wie der Bub zu einer Figur greift und sein Finger plötzlich vom Roboter niedergedrückt wird. Trotz des schnellen Eingreifens von Umstehenden habe sich die Fraktur nicht verhindern lassen, heißt es.

The Telegraph

Bub verstieß gegen Sicherheitsregeln

Zum Hergang der Attacke gibt es leicht unterschiedliche Darstellungen. Sergej Lasarew, Chef des Moskauer Schachverbands, sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, dass der Bub seinen Zug gemacht und es dann verabsäumt habe, dem Roboter ausreichend Zeit für seine spielerische Antwort zu geben, was letztlich das unsportliche Verhalten auslöste. Der Roboter sei schon in vielen Turnieren zum Einsatz gekommen und habe bisher nie Probleme gemacht.

Sergej Smagin, Vizepräsident des nationalen Schachverbands, stellt es etwas anders dar. Laut ihm hatte Christopher eingegriffen, während die Maschine noch ihren Zug ausführte. Der Vorfall sei ein Zufall gewesen, der Roboter sei "absolut sicher". Er plädierte dafür, Kinder künftig besser im Umgang mit der Schachmaschine zu schulen.

Rechtliches Nachspiel möglich

Der Bub, der zu den 30 besten Schachspielern des Landes unter neun Jahren zählen soll, hat den Übergriff des Roboters dem Vernehmen nach gut weggesteckt. Er soll am nächsten Tag wieder gespielt haben, allerdings mit menschlicher Assistenz, die für ihn die Spielfiguren bewegte. Die Angelegenheit könnte aber noch ein rechtliches Nachspiel bekommen, da Christophers Eltern laut jüngeren Berichten wegen des Vorfalls die Staatsanwaltschaft kontaktiert haben.

Ungeachtet aller Beteuerungen sorgt die Angelegenheit im Netz freilich für Anspielungen auf "Terminator" und andere Science-Fiction-Werke, in denen die Menschheit in näherer bis fernerer Zukunft gegen eine Machtübernahme durch Maschinen kämpfen muss. Wie der "Guardian" dokumentiert, kommt es auch dort, wo Mensch und autonome Maschine gemeinsam tätig sind, immer wieder zu Unfällen. Laut einer Untersuchung von 2015 kommt in den USA jährlich eine Person durch einen Industrieroboter zu Tode. (gpi, 25.7.2022)