Knapp 500 Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) wurden in Österreich seit dem Jahr 2000 durchgeführt. Die mittlere Verfahrensdauer vom Antrag bis zur Entscheidung betrug dabei 15,2 Monate, ab der öffentlichen Auflage der Unterlagen bis zur Entscheidung 7,2 Monate. Dieser Zeitraum soll künftig durch die Novelle des UVP-Gesetzes deutlich verkürzt werden, der Entwurf dazu wurde am Montag von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentiert.

Durch die Novelle, die nun in eine achtwöchige Begutachtung geht, soll eine "Überholspur für erneuerbare Energien" gelingen, sagte die Ministerin auf einer Pressekonferenz. Verfahren sollen demnach effizienter abgewickelt und "unnötige" Doppelprüfungen vermieden werden. Auf eine Kennzahl, wie viel schneller die Verfahren künftig durchgeführt werden sollten, wollte sich Gewessler nicht festlegen. "Ich glaube, das wird die Praxis zeigen."

Bis zur Genehmigung eines Windrads dauert es oft lange. Das soll sich künftig ändern.
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Der Entwurf sieht vor, dass in Bundesländern, in denen es keine Energieraumpläne gibt, für die Errichtung einer Anlage künftig keine Widmung mehr erforderlich ist. Das soll verhindern, dass das Landschaftsbild doppelt geprüft wird. Die Eignung werde so oder so im Rahmen des UVP-Verfahrens geprüft – und die Zustimmung der Gemeinde eingeholt.

In jenen Ländern, in denen es bereits einen Energieraumplan gibt, ist in den ausgewiesenen Zonen für Erneuerbare keine Widmung mehr notwendig. Insgesamt soll die Energiewende in Verfahren ein besonders hohes öffentliches Interesse bekommen, sagte Gewessler. Daran seien weitere Erleichterungen geknüpft.

Bodenversiegelung als Kriterium

Auch der Schutz von Böden soll in den Verfahren künftig einen höheren Stellenwert bekommen. Wenn möglich sollen zuerst bereits versiegelte Flächen genutzt werden. Denn in keinem anderen Land Europas wird so viel Fläche verbraucht wie in Österreich. Der für ein Projekt notwendige Flächenverbrauch soll daher zum zentralen Genehmigungskriterium werden. Darüber hinaus seien die Vorschläge der im Herbst eingesetzten UVP-Arbeitsgruppe in den Entwurf eingeflossen, sagte Gewessler. Diese sprachen sich beispielsweise für eine bessere Strukturierung der Verfahren aus.

Christoph Wagner, Präsident des Dachverbands für Erneuerbare Energien Österreich, begrüßte den Entwurf am Montag. Durch diesen werde mehr Verfahrensklarheit geschaffen, sagt er auf der Pressekonferenz. Der Entwurf zeige für ihn, dass "Naturschutz und Erneuerbare miteinander verbindbar sind". Nach dem Bund seien nun die Länder gefragt, tätig zu werden.

Geteilte Rückmeldungen

Angesichts der präsentierten Novelle von einer "Überholspur" für Erneuerbare zu sprechen, sei ein "Hohn", sagte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Er kritisierte in einer Aussendung, dass der Ausbau der Windenergie im Schneckentempo voranschreite. Harsche Kritik kam von der FPÖ. "Der radikale Umwelttrip von Gewessler nimmt weiter Fahrt auf", kritisierte deren Umweltsprecher Walter Rauch. Der blaue Politiker befürchtet, dass Windräder in ökologisch sensiblen Gebieten "hingepflanzt" werden.

Die Priorisierung der Energiewende sei begrüßenswert, heißt es hingegen vom Umweltdachverband. Er vermisst allerdings die fehlende Erwähnung des Schutzes der Biodiversität.

Weitgehend zufrieden zeigte sich hingegen die Wirtschaftskammer: Der Entwurf sorge für ein "zeitgemäßes, den Anforderungen von Energiewende und Versorgungssicherheit angemessenes Genehmigungsverfahren für Großprojekte", sagte deren Generalsekretär Karlheinz Kopf. Er kritisierte nur einige "inakzeptable Genehmigungshürden" – und bezog sich dabei auf die geplanten Änderungen in puncto Bodenverbrauch. Die Industriellenvereinigung (IV) sieht in dem Entwurf einen "notwendigen Schritt zur Verfahrensbeschleunigung". Straffere Genehmigungsverfahren würden investitionsfördernd wirken, betonte die IV in einer Aussendung. (lauf, 25.7.2022)