In Streamingserien hat sich Vielfalt zumindest in der Figurenbesetzung weitgehend durchgesetzt. Provokante Ausreißer wie "Bridgerton" und "Anne Boleyn" haben mit "Colorblind Casting" für Debatten gesorgt. Das ist gut! Noch besser wäre es, wenn sich Diversität schön langsam auch in heimischen Produktionen durchsetzen würde. Wer sich in österreichischen fiktionalen Serienstoffen umschaut, bekommt zu 99,9 Prozent weiße heterosexuelle Menschen sehen. Das ist nicht nur verkehrt, sondern auch langweilig!

Anderswo ist man weiter. Sky in Großbritannien teilt soeben mit, dass der Comcast-Kanal als erster großer britischer Sender grünes Licht für ein Filmprojekt gegeben hat, das von einer Person mit Down-Syndrom geschrieben und inszeniert wird. Otto Baxter schreibt und inszeniert den Kurzfilm "The Puppet Asylum" und die begleitende Dokumentation "Otto Baxter: Not a Fucking Horror Story". Bei uns? Alles finster.

Was kommt im August? Sommerloch? Nope.

Stumpdown

Dex ist nicht perfekt. Sie spielt, flucht, überlegt nicht lange, bevor sie handelt, auf Umgangsformen legt sie weniger wert, Tempolimits sind ihr egal. Perfekte Voraussetzungen also für den Job als Privatdetektivin für Fälle, bei denen die Polizei keine Handlange hat. Cobie Smulders ("How I Met Your Mother") spielt die Marine-Veteranin in "Stumpdown". Die Serie hatte 2019 Premiere bei ABC, und ihr war kein langes Leben beschieden. Schon im September 2020 zog der Disneysender die Verlängerung der zweiten Staffel aufgrund der Corona-Krise zurück und setzte die Serie ab. Ich habe so ein bestimmtes Gefühl, dass Corona nicht der einzige Grund war. Die knallharte Detektivin nimmt man der feschen Hauptdarstellerin jedenfalls nur schwer ab. Weitere Glaubwürdigkeitsdefizite bestätigt der Trailer: So frage ich mich, warum im Wageninneren austretende Gase zwar Fahrer und Beifahrer in schwere Atemnot bringen, die Privatdetektivin auf dem Rücksitz jedoch nicht. 3.8., ORF 1

Rotten Tomatoes TV

The Sandman

Die düstere Fantasyserie folgt den DC-Comics von Neil Gaiman, der auch als Executive Producer fungiert. Mindestens ebenso komplex wie die Handlung um die mystische Figur Dream, gespielt vom charismatischen Tom Sturridge, ist die Entstehungsgeschichte der Serie. Der Stoff galt lange als nicht verfilmbar, mit Geduld und unter entsprechendem Einsatz finanzieller Mittel glauben Warner Bros. und Netflix jetzt das Gegenteil beweisen zu können. Jede einzelne Folge soll 15 Millionen US-Dollar gekostet haben.

Der dichte Trailer macht mich neugierig, als Serienmacher hat mich Neil Geiman einstens mit "Good Omens" gepackt, David Tennant und Michael Sheen waren spaßige Geister, wenngleich die hinreißende literarische Vorlage nicht erreicht werden konnte (Stichwort "unverfilmbar"). Tennant und Sheen können aber das sprichwörtliche Telefonbuch herunterlesen und selbst daraus großes Kino machen. Am Trailer zu "The Sandman" begeistert mich vor allem der Auftritt von Gwendoline Christie, tapfere Brienne, Rittersfrau von Tarth aus "Game of Thrones". Das Wiedersehen mit der 1,91 Meter hohen Lichtgestalt kann alle, die Serien schauen, nur in Verzückung versetzen. Noch besser: In Tim Burtons Addams-Family-Grusical "Wednesday" ist sie auch dabei. Hurra! In "The Sandman" spielt die Gute übrigens Lucifer. Groß. 5.8., Netflix

Netflix

Gentleman Jack 2

Hat doch tatsächlich HBO eben bekannt gegeben, die frivolen Abenteuer der ehrenwerten Anne Lister nicht verlängern zu wollen. Frechheit! Einen Funken Hoffnung gibt es, Serienmacherin Sally Wainwright hat die Pläne für eine dritte Staffel noch nicht aufgegeben. Laut Wainwright ist die mitproduzierende BBC interessiert, weitere Episoden zu produzieren, aber sie braucht ein anderes Netzwerk, damit die Serie weltweit zugänglich bleibt. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Bis dahin schauen Sie – nein, erleben Sie, wie die energetischste Gutsfrau von allen durch die englischen Herrenhäuser des 19. Jahrhunderts wirbelt und jegliches Unrecht aus dem Weg räumt. Historisch verbrieft, übrigens: Frau Lister gab es wirklich. Sie und ihre Gefährtin Ann Walker waren die ersten miteinander verheirateten Frauen Englands. Jede Folge ist eine "hour of power". 5.8., Sky

BBC

Vierwändeplus

Ist 30 das beste Alter? Martin (Alexander Prince Osei), Anna (Antonia Bill), Freddie (Eugen Bauder) und Bo-Ram (Kotti Yun) sind sich da nicht so sicher. Auf der Schwelle ins Establishment haben sie eine künstliche Stufe eingebaut, indem sie mit ihren Partnerinnen bzw. Partnern in einer WG leben. Weil aber die Typbildung schon weit fortgeschritten ist, ergibt das ganz spezielle Themen, die in der Konstellation auch ohne Umschweife angesprochen werden müssen, worauf der Titel der ersten Folge hinweist: "Also doch ficken". Elf Folgen dieser deutschen Beziehungscomedy bringt ZDF neo, geschrieben von Tali Barde, Marian Grönwoldt, Helena Lucas, Laura Rabea Tanneberger. Zweierbeziehungssachen zum Lachen, muss man mögen. 5.8., ZDF neo

Five Days at Memorial

Die achtteilige Serie basiert auf dem Buch der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Journalistin Sheri Fink, die die Auswirkungen des Hurrikans Katrina und seiner Folgen auf ein örtliches Krankenhaus schildert. Als die Fluten steigen, der Strom ausfällt und die Hitze in die Höhe schießt, sind die fünf Tage lang eingeschlossenen Pflegerinnen eines Krankenhauses in New Orleans gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die sie über Jahre hinweg begleiten werden. "Five Days at Memorial" ist nicht zuletzt ein Dokument politischen Versagens, des offenen Rassismus und purer Menschenverachtung. Thematisiert hat das bereits David Simon in "Treme", gut, dass John Ridley und Carlton Cuse das nicht ruhen lassen. 12.8., Apple TV+

Apple TV

A League of Their Own

Geena Davis, Tom Hanks, Lori Petty, Madonna und Rosie O'Donnell waren 1992 eine eigene Liga. Der Film erzählte die Geschichte der realen All-American Girls Professional Baseball League, die während des Zweiten Weltkriegs einige Spielzeiten lang existierte. Die Serienadaption fasst die Geschichte der Liga breiter und verfolgt die Charaktere, die gegen Rassismus und Sexismus kämpfen und ihren eigenen Weg finden müssen – im und außerhalb des Stadions. 15.8., Amazon Prime

Prime Video

Tales of the Walking Dead

"The Walking Dead" läuft Gefahr, zu werden, worum es in der Serie geht: ein nicht tot zu kriegendes Monster. Nach "Fear The Walking Dead" und "The Walking Dead: World Beyond" bringt "Tales of the Walking Dead" sechs abgeschlossene Stories aus dem Grunzröchelsaftel-Universum. Jede Folge ist eine in sich abgeschlossene Geschichte. Nicht umzubringen. Ein österreichischer Starttermin ist mir nicht bekannt. Dafür gab Streamingdienst Disney+ bekannt, wann die finalen Episoden der Zombie-Serie starten: Ab 3. Oktober 2022 ist es so weit. 14.8., AMC+

Rotten Tomatoes TV

She-Hulk

Schon der 17. Tag im Monat und noch keine Superheldenstory? Das geht ja gar nicht! Bitte sehr: Die nächste Serie des Marvel Cinematic Universe bringt uns die grüne Seite der Rechtsanwältin Jennifer Walters näher. Bruce Banners Cousinchen ist auf Rechtsangelegenheiten von Supermenschen spezialisiert und wird, wenn es ganz blöd hergeht, grün und stark, She-Hulk eben. Die Hauptrolle spielt Tatiana Maslany. Sie bezeichnete "She-Hulk" als "Antithese der meisten Superheldengeschichten", weil Walters ihre Fähigkeiten nicht will. Na gut, da fallen mir noch ein, zwei ein, denen es ähnlich ergangen ist. So 100-prozentig klar kam mit dem Doppelleben noch keiner – bitte korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege. Umgesetzt und produziert hat Jessica Gao, mit Folgen für "Roboto Chicken", "Rick and Morty" und "Silicon Valley" und serienerfahrene Autorin und Producerin. 17.8., Disney+

Marvel Entertainment

Kleo

Reden vor dem Handeln ist nicht gerade die Stärke von Kleo Straub, einer Ostberliner Auftragsmörderin. Ihr bevorzugtes Ziel war, no na, der Westen. Als ehemalige Top-Spionin der DDR nach dem Mauerfall stand ihr der Sinn nach Rache. Hanno Hackfort, Richard Krop und Bob Konrad hatten die Idee, seit "4 Blocks" sind sie ein erfolgserprobtes Team, und ja, das schaut nach einer sehr lässigen Komposition aus. Jella Haase ist in der Rolle der DDR-Killerqueen klasse, einen deutschsprachigen Song hätte sich der Trailer allerdings verdient. Gab's keine Rechte für "Du hast den Farbfilm vergessen"? 19.8., Netflix

Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz

House of the Dragon

Der Drache fliegt wieder, na endlich! Drei Jahre nach dem Ende von "Game of Thrones" geht die Fantasysaga am 21.8. auf HBO und Sky weiter, tags darauf auf Sky Atlantic. George R. R. Martin gewährt Einlass ins Drachenreich; wir erfahren, was 200 Jahre vorher in und um Westeros los war, und das ist offenbar einiges. Hoffentlich wird es ein abwechslungsreiches Serienerlebnis, einiges spricht dafür – etwa der Cast, angefangen von Matt Smith als Daemon Targaryen, weiters die charismatische Emma D'Arcy, Milly Alcock ist dabei, Olivia Cooke, lovely Eve Best und der alte Fantasyhase Graham McTavish. Viel technische Spielerei scheint enthalten, und insgesamt wirkt alles noch sehr ernsthaft, wie "The Sopranos" in Mittelerde schaut das zumindest im Trailer vorerst noch nicht aus. Trotzdem: hohe Erwartungen, große Vorfreude. 22.8., Sky

Sky Österreich

Andor

Der nächste "Star Wars"-Sidekick. Im Mittelpunkt steht der Rebell Cassian Andor, gespielt von Diego Luna, die Serie ist ein Prequel zu "Rogue One: A Star Wars Story". Die erste Staffel stellt dabei ein Jahr dar, und die zweite Staffel die restlichen vier Jahre. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber nach dem schmerzhaften Wiedersehen mit "Obi-Wan Kenobi" sind meine Erwartungen eher gedämpft. Es kann sehr super werden, aber auch dramatisch scheitern. Somit: Ist "Andor" der Gamechanger, der "Star Wars" wieder auf Spur bringt? Schwierig. Yoda würde wohl sagen: "Die Zukunft immer ist in Bewegung." 31.8., Disney+

KinoCheck

Frohes Schauen und kommen Sie gut durch den August, wünscht Ihre prie! (Doris Priesching, 1.8.2022)