Der "Isolator" als Hilfe für Leute, sich ganz auf eine Aufgabe zu konzentrieren.

Foto: WorldRadioHistory.com / Science and Invention

An manchen Tagen fällt es schwer, sich zu konzentrieren. Sind es nicht die Bauarbeiter, die unten auf der Straße mit dem Presslufthammer hantieren, dann sind es Smartphone oder Laptop, die mit Benachrichtigungen quälen. Was nach einem Auswuchs unserer schnelllebigen Zeit klingt, beschäftigt Menschen schon seit langem. Die Industrialisierung ließ die Städte lauter werden. An die Stelle von Pferdekutschen, die klackernd, aber gemächlich durch die Straßen fuhren, trat das lautere Automobil. Großstädte erlebten einen Bau-Boom, überall stampfte man Gebäude aus dem Boden. Baustellen erfüllten die Städte mit ihrem lauten Hämmern – für viele der Klang der Zukunft, die man in Beton und Stahl goss.

Kopf bekommt Deckel

Anders erging es dem luxemburgisch-amerikanischen Science-Fiction-Autor, Herausgeber und Erfinder Hugo Gernsback. Er litt unter dem Umgebungslärm, musste er sich in seinem Büro doch konzentrieren, um auf neue Ideen zu kommen. Doch er ließ den Lärm nicht untätig über sich ergehen, eine Lösung musste her. Prompt stellt er im Jahr 1925 in seiner eigenen Zeitschrift "Science and Invention" "The Isolator" vor – einen seltsam aussehenden Helm, der vor Geräuschen und sichtbaren Ablenkungen abschirmen soll. Mit diesem Hilfsmittel, so Gernsbacks Idee, könne man sich endlich auf die Arbeit konzentrieren.

"The Isolator" von Hugo Gernsback.
Foto: WorldRadioHistory.com / Science and Invention

Was aussieht wie eine Mischung aus Taucherhelm und Gasmaske, ist ein Vollvisierhelm aus Holz. Innen ist er mit Kork ausgekleidet, außen mit Kork und Filz. Für die Augen wurden drei Glasstücke eingesetzt. Das äußere Glas war völlig schwarz, Gernsback kratzte lediglich zwei kleine, weiße Linien hinein. Denn: Das unruhige Auge sollte bloß nicht umherwandern. Mit dem beschränkten Sichtfeld sollte es nur das Blatt Papier auf dem Schreibtisch erkennen.

Der Aufbau des "Isolators".
Foto: WorldRadioHistory.com / Science and Invention

Vor dem Mund befindet sich eine Schallwand, die das Atmen erlaubt, aber den Schall abhält. Fertig war das, nun ja, Schreckgesicht. Ganze 95 Prozent der Geräusche würden damit vermieden, behauptet Gernsback in seiner Zeitschrift. Später fügte er noch einen Sauerstofftank hinzu. Er stellte fest, dass Trägerinnen und Träger des Helms nach 15 Minuten langsam schläfrig wurden. Kein Wunder, schließlich umhüllten sie sich sanft mit Kohlendioxid.

"Gute Investition"

Gerade praktisch kann man den klobigen Helm nicht nennen. Wer will schon ständig einen Sauerstofftank neben sich stehen haben? Und was passiert, wenn Einbrecher die Wohnung ausräumen, während der eigene Kopf abgeschottet im Helm steckt? Gernsback jedenfalls zeigte sich überzeugt von seiner Erfindung: "Mit dieser Anordnung wird festgestellt, dass eine wichtige Aufgabe in kurzer Zeit erledigt werden kann, und die Konstruktion des Isolators wird sich als eine gute Investition erweisen", schreibt er im Magazin.

Doch schon damals setzte sich der Isolator nicht für die Masse durch. Und auch heute ist er in Haushalten und Büros freilich nicht anzutreffen. Moderne Noise-Cancelling-Kopfhörer erfüllen meist denselben Zweck und sind dabei angenehmer zu tragen. Ablenkungen ganz abzuschirmen, schaffen sie allerdings auch nicht. (Florian Koch, 31.7.22)