Ab nach Wembley dank Alexandra Popp (r.).

Foto: Imago/Michaela Merk

Das Traumfinale der Frauen-Europameisterschaft 2022 ist perfekt. Am Sonntag (18 Uhr MESZ, live ORF 1) kommt es im Londoner Wembley-Stadion zum Showdown zwischen Gastgeber England und Rekordeuropameister Deutschland. Nachdem die Lionesses am Dienstag durch ein 4:0 gegen Schweden das Finalticket fixierten, zog die DFB-Elf am Mittwoch mit einem hart erkämpften 2:1-Erfolg über Frankreich nach.

Die Freude und die Erleichterung war bei der deutschen Mannschaft nach dem Schlusspfiff grenzenlos. Die Spielerinnen stürmten auf Doppeltorschützin Alexandra Popp zu, lagen einander in den Armen und feierten. "Wir sind so unfassbar glücklich, kein Schwein hat mit uns gerechnet, und wir stehen jetzt im Finale gegen England vor 90.000 – ganz ehrlich, etwas Schöneres gibt es nicht", sagte die DFB-Kapitänin, die so wie die Engländerin Beth Mead bei sechs Treffern hält.

So verdient

Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg verbarg ihr Siegerlächeln nach Spielende hinter beiden Händen, versammelte kurz darauf ihre Finalistinnen auf dem Rasen zur Einstimmung auf das große Endspiel. Im Interview resümierte sie stolz: "Das ist so verdient, wir haben so hart dafür gearbeitet. Wir sind so ein Haufen geworden hier, der sich überall unterstützt."

Die Deutschen, die im Viertelfinale Österreich mit 2:0 besiegt hatten, waren vor 27.445 Zuschauern in Milton Keynes in der ersten Hälfte das bessere Team und gingen in Minute 40 durch einen Volleytreffer von Popp verdient in Führung. Die Freude währte allerdings nur kurz, in Minute 44 kassierte die DFB-Elf durch ein unglückliches Eigentor von Torfrau Merle Frohms den ersten Gegentreffer im Turnier. Nach der Pause kamen die Französinnen besser in Spiel, ausgerechnet in ihrer Drangphase war abermals Popp zur Stelle. Ein wuchtiger Kopfball (76.) sicherte Deutschland den 2:1-Erfolg und die Möglichkeit, am Sonntag den neunten EM-Titel einzufahren.

Rekordeinschaltquoten

Im bereits mit knapp 90.000 Fans ausverkauften Wembley-Stadion erwartet den zweifachen Weltmeister nun eine grandiose Kulisse und ein äußerst schwieriger Kontrahent. Die Engländerinnen hoffen auf einen gewaltigen Heimvorteil und träumen vom ersten internationalen Titel überhaupt. Beide Finalteilnehmer konnten bisher jedes Spiel für sich entscheiden, sorgten offensiv für Spektakel und ließen defensiv kaum etwas zu. Man kann nüchtern behaupten, dass die zwei besten Teams des Turniers am Sonntag aufeinandertreffen. "Es wird ein großartiges Fußballfest, es ist ein Klassiker", freute sich Voss-Tecklenburg.

Die Finalpaarung England – Deutschland versprüht natürlich auch einen Hauch von 1966. Bei der damaligen Weltmeisterschaft gewann das "Mutterland des Fußballs" gegen den Erzrivalen durch den wohl umstrittensten Treffer der Fußballgeschichte mit 4:2 nach Verlängerung den bisher einzigen internationalen Titel. Zumindest bis Sonntag wird der Mythos "Wembley 1966" wieder präsenter werden. Die Löwinnen möchten dann, wie die Männer vor 56 Jahren, einen Titel einfahren.

Gefühlt ganz Deutschland steckt aktuell im EM-Fieber und drückt die Daumen. Die Live-Übertragung des Halbfinalduells mit Frankreich hat beim ZDF für eine Rekordeinschaltquote gesorgt. Durchschnittlich rund zwölf Millionen sahen den Einzug der DFB-Damen ins Finale. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz verfolgte die Partie, sprach im Anschluss seine Glückwünsche aus und kündigte an, am Sonntag das Endspiel im Stadion zu verfolgen. (APA, red, 28.7.2022)

Pressestimmen

Frankreich

L'Equipe: "Der Traum ist zerstoben. Niedergestreckt durch einen Doppelschlag von Alexandra Popp scheitert Frankreich vor den Türen des EM-Finales. Die Französinnen haben den Deutschen einen heftigen Kampf geliefert, aber er wurde zum Friedhof ihrer Illusionen."

Ouest France: "Popp hat den französischen Traum zu Grabe getragen. Deutschland hat mit seiner Erfahrung den Traum vom ersten internationalen Finale zerbrochen.Die erste Halbzeit war ein Meisterwerk deutscher Kollektivarbeit. Die deutsche Mauer ließ sich nicht überwinden."

Le Monde: "Das Ausscheiden löscht nicht einen vielversprechenden Kurs aus. Niederlagen werden immer als Scheitern erlebt. Aber Niederlagen können auch der Zukunft dienen. Das ist bei den Bleues der Fall, die erstmals bei einer EM unter den letzten Vier standen."

England

The Guardian: "England gegen Deutschland, im EM-Finale, im ausverkauften Wembley-Stadion. Geliebt, gehasst, es ist ein Spiel, das die Aufmerksamkeit der Gastgebernation auf sich zieht wie kein anderes, in keiner Sportart, in keiner Arena. Bei all den atemberaubenden Momenten, die Englands Spielerinnen auf ihrem Weg ins Finale erlebt haben, wird es am Sonntag in Wembley niemanden geben, der so gut ist wie Popp. Popp ist nicht zu bremsen."

Daily Mail: "Hier kommen die Deutschen! England trifft im Finale der Europameisterschaft 2022 am Sonntag auf einen vertrauten Gegner, nachdem der achtmalige Europameister durch zwei unbarmherzig vollendete Tore von Alexandra Popp mit 2:1 gegen Frankreich gewann."

The Sun: "POPP STAR. England trifft im Finale der EURO 2022 auf Deutschland, nachdem Spielführerin Alexandra Popp ihre Mannschaft mit zwei Toren gegen Frankreich in Führung gebracht hat."