Die im Englischen Smurfs genannten Wesen, hier bei einer Parade in ihrem Geburtsland Belgien, spielten bei einem Zwischenfall in Wien-Floridsdorf eine gewisse Rolle.

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Wien – "Alkohol macht dumm", stellt Angeklagter Mario R. völlig korrekt fest. Den 42-jährigen Österreicher hat die Ethanolintoxikation nicht nur Gehirnzellen gekostet, sondern auch vor Richter Stefan Huber gebracht. Er soll am 24. Jänner im Zustand voller Berauschung gegen das Verbotsgesetz verstoßen haben, indem er auf der Straße in Wien-Floridsdorf mehrmals den "Hitlergruß" gezeigt und "Heil Hitler" gerufen haben soll – nachdem er Passanten mit Migrationshintergrund mit dem "Lied der Schlümpfe" verhöhnt hatte.

Der Selbstständige hat drei Vorstrafen, die jüngste stammt aus dem Jahr 2017, wegen Körperverletzung durch einen Kopfstoß gegen einen Gegner bekam er drei Monate bedingt. Im nationalsozialistischen Sinne ist er aber noch nie aufgefallen, und er beteuert auch, keinerlei Sympathien für dieses menschenverachtende Gedankengut zu hegen.

"Wirklich sehr betrunken"

"Ich kann mir nicht erklären, warum ich das gemacht habe", bedauert R., nachdem er sich schuldig bekannt hat. "Er war wirklich sehr betrunken", sekundiert Verteidigerin Anna Mair, daher könne sich ihr Mandant nicht mehr an den Vorfall erinnern. Aus den Zeugenaussagen lässt sich Folgendes rekonstruieren: Der Angeklagte begegnete ohne FFP2-Maske zwei Männern und einer Frau, zwei der Passanten sind auf den Rollstuhl angewiesen. R. näherte sich auf Armlänge und wurde von den Zeugen um Abstand gebeten. Tatsächlich torkelte er einige Schritte zurück, um dann "Sagt mal, von wo kommt ihr denn her?" zu grölen und die inkriminierten Gesten und Äußerungen zu machen.

"Haben Sie was gegen Ausländer?", will Richter Huber wissen. "Nein, überhaupt nicht. Mein bester Freund ist Türke", beteuert der Angeklagte. "Aber was haben Sie sich gedacht, als Sie die Passanten gesehen haben?" – "Ich denke, dass ich an dem Tag gar nichts mehr gedacht habe." – "Warum waren Sie überhaupt so betrunken?" – "Kein spezieller Anlass. Ich habe mich nach der Arbeit mit einem Freund getroffen, und wir haben in einer Pizzeria was getrunken." Wie viel Promille er hatte, ist nicht bekannt, der psychiatrische Sachverständige Siegfried Schranz kam in einem Gutachten aber zu dem Schluss, dass R. nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen sei. "Seit dem Tag habe ich keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken!", versichert der Angeklagte noch.

Angeklagter entschuldigt sich bei Zeugen

Da die Rollstuhlfahrerin und der -fahrer als Zeugen entschuldigt sind, sagt nur der dritte Passant aus, ein in Serbien geborener Österreicher. Er versichert, R. noch nie vorher gesehen gehabt zu haben, und schildert, wie der Betrunkene ihnen zu nahe gekommen sei. Die vom Angeklagten vorgetragene Entschuldigung akzeptiert der Mann.

In ihrem Schlussplädoyer stellt Verteidigerin Mair Mutmaßungen über die Alkoholerfahrungen der Anwesenden an. "Ich denke, ich kann für alle Erwachsenen hier sprechen: Jeder hat im Rausch schon einmal etwas gemacht, was ihm am nächsten Tag peinlich war." Man müsse aber die Kirche in der kleinen Ansiedlung lassen, R. sei kein Nationalsozialist, da gebe es ganz andere Kaliber.

Richter Huber verurteilt den Angeklagten dann zu sieben Monaten bedingter Haft, die drei Monate aus der offenen Vorstrafe werden nicht widerrufen. "Ich bin der festen Überzeugung, dass das ausländische Aussehen und der Akzent sie animiert haben, das zu machen", begründet Huber. "Sie müssen kein eingefleischter Nazi sein", belehrt Huber den Angeklagten, dennoch sei das Verhalten zweifelsohne strafbar. Andererseits könne man auch nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, daher sei eine bedingte Nachsicht möglich. R. akzeptiert die Entscheidung, der Staatsanwalt gibt keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 29.7.2022)