Michael Waldhers Ziel: raus in die Welt. Eine Station in seinem Lebenslauf war ein sechsmonatiger Aufenthalt als Sanitäter auf einem Kreuzfahrtschiff.

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"Zu mir haben die Leute immer gesagt: Du bist ein Glückspilz. Das stimmt, ich war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Nur Glück war es aber auch nicht. Ich war immer proaktiv, habe Leute angeschrieben und die Augen offen gehalten nach spannenden Jobs. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass ich als Krankenpfleger um die ganze Welt reisen, spannende Leute kennenlernen und Einblick in das Leben der reichsten Menschen bekommen würde. Aber zurück auf Anfang.

Hauptschule abgeschlossen. Was nun? Für mich war schnell klar, wie meine Mutter einen Job in der Gesundheitsbranche anzufangen. Da ich für die Krankenpflegeschule damals allerdings noch zu jung war, schrieb ich mich auf der Fachschule für Sozialberufe in Klagenfurt ein. Nach drei Jahren war ich gelernter Ordinationsgehilfe. Nun war es endlich so weit – ich war alt genug und konnte die Krankenpflegeschule besuchen. Nach weiteren drei Jahren hatte ich endlich den Abschluss in der Tasche und war nun diplomierter Krankenpfleger.

Direkt in den Job konnte ich aber noch nicht einsteigen. Ich musste zuerst zum Bundesheer. Meine Ausbildung war allerdings von Vorteil: Ich wurde für den Sanitätsdienst eingesetzt. Am Ende wurde mir angeboten, die Miliz-Unteroffiziersausbildung zu absolvieren. Das bedeutete zwei zusätzliche Monate Verpflichtung und militärische Ausbildung. Das war für mich interessant, da ich im Zuge dessen auch den Rettungs- und Notfallsanitäter-Lehrgang besuchen konnte. Gesagt, getan.

Michael Waldher (38, links im Bild) absolvierte nach der Hauptschule die Fachschule für Sozialberufe. Danach machte er die Ausbildung zum diplomierten Krankenpfleger, reiste um die Welt – und ist jetzt wieder in Österreich bei der Maierhofer-Gruppe gelandet.
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Zeit für Veränderung

Bundesheer vorbei. Endlich Freiheit. Ab ins Ausland. Ich erfuhr, dass es einfach war, in England zu arbeiten. Mithilfe einer Agentur bekam ich einen Job im Privatkrankenhaus Princess Margaret Hospital in Windsor, einer Stadt in der Nähe von London. Ich betreute die Patienten im OP-Aufwachraum. Oft Rugbyspieler der Eliteschule Eton College. Der Einstieg war hart. Die vielen medizinischen Fachbegriffe in englischer Sprache bereiteten mir zunächst Kopfschmerzen. Doch mit der Zeit fand ich mich gut im Job ein. In dem Krankenhaus lagen immer medizinische Fachzeitschriften auf. Ich entdeckte folgende Jobausschreibung: Sir Frank William, der Teamchef des von ihm gegründeten Formel-1-Rennstalls Williams F1, suchte einen Pfleger. Ich schicke sofort meine Unterlagen, bekam aber keine Antwort.

Die Arbeit im Krankenhaus war zu wenig fordernd, das Leben teuer – Veränderung musste her. Es zog mich wieder nach Österreich, zu meinen Freunden, zu meiner Familie. Zurück in Wien, begann ich auf der Intensivstation der neurologischen Abteilung im Krankenhaus Hietzing. Doch auch hier dachte ich mir nach vier Jahren: War das schon alles? Kurzerhand entschloss ich mich, auf einem Kreuzfahrtschiff als Sanitäter anzuheuern. Sechs Monate cruiste ich durch die Karibik und das Mittelmeer, umrundete England zweimal und fuhr bis nach Schweden und Russland. Seeigel, zu hoher Bierkonsum, verknackste Fußgelenke, Brandblasen und einen Herzinfarkt – bei 2.700 Passagieren und einer Crew von 750 Personen gab es immer was zu tun. Unser Minikrankenhaus war ziemlich autark. Denn bei einer Überquerung des Atlantiks ist es in der Mitte der Strecke circa 40 Stunden lang nicht möglich, externe Hilfe hinzuzuziehen.

Bewerbung auf eigene Initiative

Nach den sechs Monaten auf dem Schiff dachte ich, die Welt gesehen zu haben, und ging zurück nach Hause. Die Arbeitsbedingungen im Pflegeheim in Turnau in der Steiermark, in dem ich mittlerweile arbeitete, waren einwandfrei, aber ich wusste schon bald: Das mache ich nicht bis zur Pension. Ich erinnerte mich an meine Bewerbung beim Teamchef des Formel-1-Rennstalls Williams. Ich fand zwar keine aktuelle Stellenausschreibung, bewarb mich aber auf gut Glück erneut.

Keine 48 Stunden später sah ich eine E-Mail in meinem Postfach: "Wir suchen sehr dringend. Bitte kommen Sie so schnell wie möglich für ein Interview nach England." Mehrere Background-Checks und einen Persönlichkeitstest mit 200 Fragen später durfte ich mit Sir Frank Williams sprechen. Wir verstanden uns auf Anhieb, und aus den vorgesehenen zehn Minuten wurden eine knappe Stunde. Am Ende bot er mir an, mich als seinen persönlichen Assistenten einzustellen. Ich war Feuer und Flamme und sagte sofort zu. Das war der Anfang sechs sehr spannender Jahre.

Vor seiner Rückkehr nach Österreich arbeitete Waldher als Assistent für Sir Frank Williams.
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Als Assistent hatte ich keine pflegerischen Tätigkeiten, sondern war praktisch so etwas wie sein Privatsekretär. Aufgrund eines Unfalls war Williams querschnittsgelähmt und saß im Rollstuhl. Ich begleite ihn täglich, bei allen Reisen, bei allen Meetings. Es war ein Leben unter Stars und Superreichen: Oft traf ich George Lucas, flog mit Frank und David Cameron im Privatjet; wir stiegen in Luxushotels ab und jetteten um die Welt. Frank war einer der besten Arbeitgeber, die ich je hatte. Immer höflich, sich ständig bedankend. Er war das Paradebeispiel eines englischen Gentlemans.

Eines Tages saß ich in einem Hotel in Abu Dhabi und fragte mich: Ist das alles? Die letzten fünf Weihnachten war ich nicht bei meiner Familie. Ich führte Franks Leben, nicht meins. Ich beschloss, zu gehen – auch, solange es ihm noch gut ging. Denn ich wusste, ich hätte ihn nie alleine lassen können, wenn sich sein Zustand verschlechtert hätte. Er wollte mich nicht gehen lassen: "Sag mir eine Summe." Aber es ging mir nicht ums Geld. Ich brach die Zelte ab und kehrte zurück in meine Heimat nach Kärnten.

Endlich angekommen

Noch in England fragte mich ein Freund, ob ich mir vorstellen könnte für die Maierhofer-Gruppe zu arbeiten. Ich sagte zu, baute den Bereich Pflegehilfsmittel, Verkauf und Beratung in Kärnten auf und leite bis heute die Abteilung "Pflege zu Hause". Nebenbei halte ich auch Gastvorträge an Bildungseinrichtungen. Jetzt, mit 38 Jahren, habe ich das Gefühl, angekommen zu sein und erstmal nicht mehr auf Achse gehen zu wollen.

In der Pandemie wurden – zu Recht – die Missstände in der Pflege aufgezeigt. So wichtig das auch ist, ich habe das Gefühl, dass das Image des Pflegeberufs darunter gelitten hat. Das ist schade. Denn es ist meiner Ansicht nach einer der besten Berufe, die man ergreifen kann. Der Job ist so viel mehr als nur Waschen und Wischen. Für mich war es die beste Entscheidung meines Lebens." (Protokoll: Natascha Ickert, 2.8.2022)