Nordamerikanische Ochsenfrösche werden bis zu zwei Kilogramm schwer und haben weltweit besonders viel Schaden angerichtet.

EPA / ERIK S. LESSER

Dass es rote Listen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten gibt, ist weithin bekannt. Es gibt aber auch eine weniger bekannte schwarze Liste. Auf der sind für Europa in der Version von 2016 insgesamt 37 Tier- und Pflanzenspezies verzeichnet, die das Gegenteil von gefährdet sind: Es handelt sich um sogenannte Neobiota – invasive Arten, die einen gehörigen Schaden anrichten können. Sie können das biologische Gleichgewicht in ihrer neuen Umgebung empfindlich stören, und da sie oftmals dort keine Fressfeinde haben, breiten sie sich nahezu ungehindert aus.

Ein internationales Forscherteam um Phillip Haubrock (Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung) hat nun in einer neuen Studie geschätzt, welche Kosten invasive Reptilien und Amphibien in den vergangenen Jahren verursachten, und kam dabei auf recht beeindruckende Zahlen: Die Forscher gehen davon aus, dass diese Kosten für den Zeitraum 1986 bis 2020 zumindest 17 Milliarden Dollar (aktuell umgerechnet ziemlich genau 17 Milliarden Euro) ausmachen.

Nur sechs Prozent der Arten berücksichtigt

Die Forschenden haben für die Untersuchung vor allem Zahlen aus der Datenbank InvaCost ausgewertet, in der die wirtschaftlichen Kosten von Arteninvasionen zusammengestellt sind. Die Daten stammen aus begutachteten Artikeln, Dokumenten auf Webseiten von Regierungen, Hochschulen und Nichtregierungsorganisationen. "Die Schäden sind sehr wahrscheinlich noch viel höher", räumt Haubrock ein – und das hat gute Gründe.

Für die Studie, die im Fachblatt "Scientific Reports" erschien, ließen sich nämlich nur die Kosten von 21 Arten ermitteln – womit umgekehrt 94 Prozent aller Amphibien und Reptilien unberücksichtigt blieben. Und von den 21 Arten entfielen nicht weniger als rund 98 Prozent der Schadensumme auf zwei Spezies: auf den Nordamerikanischen Ochsenfrosch und die Braune Nachtbaumnatter.

Die zwei "teuersten" Bioinvasoren

Eine auf Guam gefangene Braune Nachtbaumnatter, die auf Englisch schlicht und einfach Brown Tree Snake heißt.
Foto: AP / Eric Talmadge

Im Fall der Braunen Nachtbaumnatter geht es vor allem um die Probleme, die sie auf der westpazifischen Insel Guam verursachte. War die Schlange erst einmal auf der Insel, vermehrte sie sich rasant und rottete viele Vogelarten und Kleintiere aus. Das wiederum hatte massive Auswirkungen auf die Pflanzenwelt der Insel, weil die Vögel für die Samenausbreitung wichtig sind. Ernteausfälle und andere Schäden waren die Folge. Und die Bekämpfung der Schlange – unter anderem mit vergifteten Mausködern – ist alles andere als einfach.

Der Nordamerikanische Ochsenfrosch wiederum, der sich als einzige Froschart unter den 37 invasiven Spezies der schwarzen Liste findet, wurde auch in Europa angesiedelt, um etwa Froschschenkeln zum Essen oder Köder für den Fischfang bereitzustellen. In allen neuen Vorkommensgebieten – Österreich gehört zum Glück (noch) nicht dazu – ist er aufgrund seiner Größe eine erhebliche Konkurrenz zu den heimischen Amphibien- und anderen Tierarten.

Da Ochsenfrösche alles fressen, was sie überwältigen können, stellen sie als Neozoon eine ernste Bedrohung sowohl als Raubtier und Nahrungskonkurrent dar. Das gilt insbesondere für andere Amphibienarten, die die Lebensräume mit ihnen teilen. Seine auf diese Weise verursachten Schäden schätzen die Forschenden auf etwas mehr als zehn Milliarden Euro.

Ein südkoreanischer Froschjäger mit fetter Beute: einem invasiven Nordamerikanischen Ochsenfrosch.
EPA / YONHAP

Das nicht weiter überraschende Resümee von Haubrock und seinem Team: Man könnte sich einiges ersparen, wenn man mehr in Maßnahmen zur Begrenzung des globalen Transports invasiver Arten und zur frühzeitigen Erkennung von Invasionen investieren würde. (tasch, 29.7.2022)