Im Gastblog zeigt Rechtsanwältin Theresa Kamp, welche Faktoren die finanziellen Ansprüche von Partnern und Partnerinnen während einer Ehe sowie im Fall einer Scheidung beeinflussen.

Menschen heiraten aus Liebe. Menschen heiraten auch, weil sie sich Absicherung, Stabilität und Sicherheit wünschen. Doch wie abgesichert ist man durch die Ehe? Die Idee vom Unterhalt nach der Scheidung ist in der breiten Bevölkerung sagenumwoben und mit vielen Missverständnissen verbunden. Viele Menschen glauben, dass man nach einer Scheidung automatisch Unterhalt von der besserverdienenden Person bekommt. In der Praxis erlebt man auch immer wieder, dass Menschen nur "wollen, was ihnen zusteht", und dann feststellen müssen, dass das gar nicht so viel ist. Auf der anderen Seite sind Menschen teilweise angesichts einer anstehenden Scheidung gelinde gesagt unwillig und nicht sehr angetan von der Idee, eventuell für sehr lange Zeit Unterhalt bezahlen zu müssen. Wie sieht die Situation rechtlich tatsächlich aus?

Bei der Eruierung von Unterhaltsansprüchen geht es nicht nur um das Einkommen, sondern etwa auch um Pflege, Erziehung und Haushaltsarbeit.
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Die wichtigsten Fakten zum (nachehelichen) Unterhalt

Es gilt, zwischen Unterhalt während aufrechter Ehe und Unterhalt nach einer Scheidung zu unterscheiden. Während einer Ehe sollte jede Person nach ihren Kräften zum gemeinsamen Leben beitragen, wobei auch die Haushaltsführung als vollwertiger Beitrag zu werten ist. Man könnte auch sagen, in einer Ehe "hat das Geld kein Mascherl". Oder, ganz stark vereinfacht: Egal wer Geld verdient, zugutekommen sollte es beiden.

Führt eine Person den Haushalt und ist deshalb nicht erwerbstätig oder kümmert sich eine Person mehr um die gemeinsamen Kinder und arbeitet deshalb nur wenig außer Haus, hat diese einen Unterhaltsanspruch gegen die andere, besserverdienende Person. Kümmert sich der Ehemann beispielsweise hauptsächlich um Haushalt und Kinder, während seine Ehegattin gut verdient, kann sie sich nach einer Trennung, während aufrechter Ehe, nicht einfach ihrer Unterhaltsverpflichtung ihrem Ehemann gegenüber entledigen.

Schuldig geschieden – was heißt das für den Unterhalt?

Die Regelungen zum nachehelichen Unterhalt sind in Österreich kompliziert. Wichtigste Frage ist zunächst, ob einer der beiden Eheleute allein beziehungsweise überwiegend an der Scheidung schuld ist. Ist das der Fall und verdient die schuldige Person wesentlich mehr, so wird diese der anderen Person gegenüber grundsätzlich unterhaltspflichtig. Wer schuldig geschieden wird, muss also eventuell für die andere Person auch noch nach der Scheidung bezahlen.

Hat die unterhaltsberechtigte Person kein eigenes Einkommen, muss die unterhaltszahlende Person unter Umständen 33 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens abgeben. Wenn beide erwerbstätig sind, werden 40 Prozent vom Gesamteinkommen beider, abzüglich des eigenen Einkommens des Unterhaltsempfängers, zur Berechnung herangezogen. Anders als beim Kindesunterhalt gibt es beim nachehelichen Unterhalt keine "Luxusgrenze". Das bedeutet: Wer viel verdient, zahlt auch viel. Streit um den Unterhalt zahlt sich meist nur dann aus, wenn der Noch-Partner oder die Noch-Partnerin gut verdient. Andererseits führt das aktuell geltende Verschuldensprinzip auch dazu, dass Menschen, die auf nachehelichen Unterhalt angewiesen sind, ein strittiges Scheidungsverfahren durchstehen müssen.

Gibt es auch Unterhalt ohne schuldige Scheidung?

Anspruch auf einen – oben genannten – angemessenen nachehelichen Unterhalt hat man der Regel nach nur dann, wenn die andere Person am Ende der Ehe schuld ist. Kommt das Gericht zur Ansicht, dass beide Eheleute am Scheitern der Beziehung schuld sind, kann dem bedürftigen, einkommenslosen Ehegatten ein sogenannter Billigkeitsunterhalt zugesprochen werden, der aber gering und nur als Überbrückungshilfe gedacht ist. Es gibt allerdings auch noch andere, verschuldensunabhängige Konstellationen, in denen nachehelicher Unterhalt gezahlt werden muss. Dieser Unterhalt ist nicht so attraktiv wie der verschuldensabhängige, weil er betragsmäßig geringer und meist zeitlich befristet ist. Das Gesetz sieht verschuldensunabhängigen Unterhalt nach der Scheidung im "Kindererziehungsfall" oder auch im "Aufopferungsfall" vor.

Beim Kindererziehungsfall geht es darum, dass einer Person aufgrund der geleisteten Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes nicht zugemutet werden kann, sich nach der Scheidung selbst zu erhalten. Diese Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung wird gesetzlich bis zum fünften Lebensjahr des Kindes vermutet, wobei in berechtigten Fällen auch eine längere Notwendigkeit von Unterhalt gegeben sein kann.

Im sogenannten Aufopferungsfall geht es darum, dass eine Person während der Ehe den Haushalt geführt oder auch gemeinsame Kinder oder Angehörige gepflegt hat und deshalb nicht (mehr) in der Lage ist, sich selbst zu erhalten. Führt zum Beispiel eine 50-jährige Frau langjährig den Haushalt und pflegt die Schwiegermutter, wird sie im Fall einer Scheidung aufgrund der längeren Abwesenheit vom Arbeitsmarkt und ihres Alters schlechte berufliche Chancen haben. Zu beachten ist allerdings, dass besonders schwere Eheverfehlungen oder eine selbstverschuldete Bedürftigkeit selbst in den hier genannten Fällen einem Unterhaltsanspruch entgegenstehen können.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es im Rahmen einer anstehenden Scheidung immer noch sinnvoll ist, die eigenen Chancen in einem möglichen Scheidungsverfahren auszuloten und bei der eigenen Vergleichsbereitschaft entsprechend einzukalkulieren. (Theresa Kamp, 2.8.2022)