Ein deutsches Verwaltungsgericht legte den Streit dem EuGH zur Klärung vor (Symbolbild).

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EU-Staaten sind auch dann für die Asylanträge von Minderjährigen zuständig, wenn deren Eltern bereits in einem anderen EU-Staat einen Schutzstatus erhalten haben. Das hat am Montag der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Der Hintergrund dieser Entscheidung ist eine in Deutschland geborene russische Minderjährige. Sie war vor einem deutschen Gericht dagegen vorgegangen, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatten diesen für unzulässig erklärt, weil den Eltern und Geschwistern der Frau bereits zuvor – noch vor ihrer Geburt und der Einreise nach Deutschland – in Polen der Schutzstatus zuerkannt wurde. Für die Prüfung des Antrags der Minderjährigen sei also Polen zuständig, hieß es.

Das deutsche Verwaltungsgericht Cottbus legte den Streit dem EuGH zur Klärung vor. Dieser wies die Argumentation des deutschen Asylamts nun zurück: Auch wenn die Angehörigen eines Asylantragstellers oder einer Asylantragstellerin bereits in einem anderen Mitgliedsstaat internationalen Schutz gewährt bekommen haben, dann ist dieser andere Mitgliedstaat nach der Dublin-III-Verordnung nur dann für die Prüfung des Antrags zuständig, wenn die betreffende Person das wünscht. Andernfalls ist der erste Mitgliedsstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Im Falle der klagenden Minderjährigen heißt das: Auch wenn Polen der Aufnahmestaat ihrer Eltern ist und diese unrechtmäßig nach Deutschland, wo sie zur Welt kam, einreisten, ist Polen nicht automatisch für sie zuständig. Sondern eben Deutschland, der erste Mitgliedsstaat, in dem sie ihren Antrag stellte. Eine Ablehnung sei nur zulässig, wenn der Antragsteller selbst bereits in einem anderen EU-Staat Asyl erhalten habe, heißt es in der EuGH-Begründung. (fmo, 1.8.2022)