Der 2. Strafsenat des Berliner Kammergerichts verurteilte Wadim K. im Dezember vergangenen Jahres zu lebenslanger Haft.

Foto: Reuters/Kleinen Tiergarten

Es gibt Prozesse, die nicht so schnell vergessen werden – auch wenn die Verurteilten schon längst in Haft sitzen. Der Fall des Russen Wadim K. zählt dazu.

Er wurde im vergangenen Dezember vom 2. Strafsenat des Berliner Kammergerichts wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht sah es nach langer Verhandlung als erwiesen an, dass der 56-Jährige im Jahr 2019 im "Kleinen Tiergarten" in Berlin einen Georgier geradezu hingerichtet hatte.

Bei der Verurteilung fand Richter Olaf Arnoldi deutliche Worte. "Das war Staatsterrorismus", sagte er. Wadim K. habe den Georgier wegen dessen Beteiligung am Tschetschenienkrieg im Auftrag Russlands liquidiert. Das Urteil trübte die deutsch-russischen Beziehungen schwer, es kam zur gegenseitigen Ausweisung von Diplomaten.

Nun holt der Fall Berlin wieder ein. Der US-Nachrichtensender CNN berichtet, dass Moskau die Auslieferung des in Deutschland inhaftierten Wadim K. fordert – im Tausch für die Freilassung der in Russland inhaftierten Basketball-Profispielerin Brittney Griner und des früheren US-Soldaten Paul Whelan. Griner sitzt wegen des Besitzes einer kleinen Menge Haschischöls, Whelan wurde Spionage vorgeworfen.

USA halten nicht viel von dem Angebot

In den USA allerdings stößt dieser Vorschlag auf wenig Interesse. CNN zitiert Adrienne Watson, eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, mit den Worten: "Zwei zu Unrecht inhaftierte Amerikaner als Geiseln für die Freilassung eines russischen Mörders in Gewahrsam eines Drittlandes zu halten, das ist kein ernsthaftes Gegenangebot. Es ist ein böswilliger Versuch, das vorliegende Angebot zu umgehen, auf das Russland eingehen sollte."

Washington soll Moskau die Freilassung des in den USA inhaftierten russischen Waffenschmugglers Viktor Bout angeboten haben. Bei einem möglichen Deal mit dem "Tiergartenmörder" haben die Deutschen laut CNN ohnehin abgewunken.

Ruchlosigkeit des Regimes

In Deutschland zeigen sich Politiker entsetzt über das Begehr des Kremls. "Wenn es diese russische Forderung tatsächlich gibt, zeigt es erneut die Ruchlosigkeit dieses Regimes. Deutschland wird derartige schmutzige Geschäfte nicht mitmachen", sagte der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Johann Wadephul, der Süddeutschen Zeitung.

Der grüne Experte für Außenpolitik, Jürgen Trittin, sagte: "Wenn es diese Forderung des Kreml wirklich gibt, hat er damit zugegeben, dass er tatsächlich Auftragsmörder nach Berlin geschickt hat."

Moskau hat stets bestritten, dass es eine Verbindung zum verurteilten Wadim K. gibt. Dieser selbst hatte sich als Berlin-Tourist bezeichnet. (Birgit Baumann aus Berlin, 1.8.2022)