Die Unsicherheit bei der Gasversorgung hält Österreich weiter in Atem. Am Montag lud die Regierung zu einem Gipfel.

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Die Gasversorgung Österreichs steht nach wie vor auf wackeligen Beinen, die Energiepreise ziehen weiter an. Am Montag lud das Krisenkabinett der Bundesregierung daher Opposition, Ländervertreter, Sozialpartner und Energieversorger zu einem Gipfel ins Kanzleramt. Nach heftigen verbalen Auseinandersetzungen im Vorfeld lobte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen das "konstruktive Klima". Neue, konkrete Maßnahmen hat die Regierung am Montag nicht beschlossen, vielmehr ging es um ein "Informationsupdate" zur aktuellen Situation bei der Energieversorgung.

Frage: Wie ist die aktuelle Lage bei der Gasversorgung?

Antwort: Die Gasflüsse aus Russland bleiben weiterhin reduziert, laut dem Lagebericht der E-Control von Montag ist die Versorgung derzeit aber uneingeschränkt gewährleistet. Die Speicher werden weiterhin langsam befüllt, seit Montag auch wieder jener in Haidach. Der nationale Speicherstand liegt aktuell bei etwas mehr als fünfzig Prozent der Kapazität, was in etwa einem Halbjahresverbrauch entspricht. Aus Sicht von Nehammer ein wichtiger "Erfolg". Die Abhängigkeit von Russland ist laut Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zudem auf unter 50 Prozent gefallen. Das Gas in Österreichs Speichern gehört zum Großteil zwar nicht dem Staat, im Krisenfall könnte die Regierung aber darauf zugreifen.

Frage: Wird Österreich das Speicherziel von 80 Prozent erreichen?

Antwort: Das ist natürlich schwer zu sagen. Wie die letzten Monate gezeigt haben, kann sich die Situation jederzeit ändern, wie auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Pressekonferenz betonte. Die Lage sei "immer noch dramatisch". Derzeit geht die E-Control aber davon aus, dass das Ziel, die Speicher vor der Heizsaison auf 80 Prozent zu befüllen, erreichbar ist. Trotz der Wartung der Pipeline Nord Stream 1, die aktuell eine Auslastung von nur 20 Prozent hat, wird weiterhin Gas bevorratet. Entscheidend ist für Österreich nämlich das Gas, das über die Ukraine-Route ins Land kommt. Diese Gasflüsse sind nach wie vor konstant. In den letzten Wochen wurden zudem zusätzliche Mengen beschafft, die aber erst nach Österreich transportiert und eingespeichert werden müssen.

Frage: Wie geht es mit dem Stromrechnungsdeckel weiter?

Antwort: Die Strompreise werden im Herbst voraussichtlich noch einmal kräftig anziehen. Eigenen Angaben zufolge arbeitet die Regierung daher intensiv am geplanten Stromrechnungsdeckel. Ergebnisse will sie Ende August präsentieren, die Grundzüge des Vorhabens liegen aber bereits auf dem Tisch: Konsumentinnen und Konsumenten sollen einen Teil ihres Verbrauchs zu einem fixen, niedrigen Preis beziehen können. Für alles, was darüber hinausgeht, müssten sie den Marktpreis bezahlen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) empfiehlt, maximal drei Viertel des Verbrauchs zu subventionieren, damit der Anreiz zum Energiesparen nicht verloren geht.

Frage: Plant die Regierung weitere Maßnahmen gegen die Teuerung?

Antwort: Bereits beschlossen ist das Antiteuerungspaket. Familien bekommen im August eine Einmalzahlung von 180 Euro, Menschen mit geringem Einkommen im September zusätzlich 300 Euro. Im Oktober folgt der Klimabonus in Höhe von 500 Euro. Abgesehen vom Stromrechnungsdeckel sind vorerst keine weiteren Maßnahmen geplant. Laut Gewessler möchte sich die Regierung zunächst des Strompreises annehmen, weil alle Menschen davon betroffen sind. Darauf aufbauend "werden wir uns die weiteren Energieträger anschauen", sagte die Ministerin. Für die Opposition ist das zu wenig. Die SPÖ forderte in einem Fünf-Punkte-Plan einen Preisdeckel für Gas, Strom und Sprit, eine Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und eine Senkung der Mieten. Finanzieren soll das eine Sondersteuer auf Übergewinne der Energieversorger.

Frage: Wie reagierte die Bundesregierung auf die Vorschläge?

Antwort: Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer erteilte der SPÖ schon vor dem Gipfel eine Absage. Die Partei mache eine Reihe "populistischer Vorschläge", die Wirtschaftsforscher ablehnen. Tatsächlich kritisieren Ökonominnen und Ökonomen wie IHS-Chef Klaus Neusser Preisdeckel, weil sie zu Engpässen führen können. Kogler verwies auf das Model in Ungarn, wo die Spritpreise gedeckelt sind. Der Treibstoff werde dort mittlerweile rationiert. (Jakob Pflügl, 1.8.2022)