Kerzen zum Gedenken an die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr beim Radetzky-Denkmal am Stubenring in Wien.

Foto: Robert Newald

Montagabend finden an mehreren Orten Gedenkveranstaltungen für die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr statt. Sie wurde von Psychoterror und Todesdrohungen durch Impfgegner in den Selbstmord getrieben. Wohl aber auch, weil sie sich von der oberösterreichischen Polizei und der Standesvertretung im Stich gelassen fühlte.

Der Kanzler und der Landeshauptmann sagten bis Montagmittag nichts. Der Bundespräsident wählte die pastorale Tonlage: "Beenden wir dieses Einschüchtern und Angstmachen. Hass und Intoleranz haben in unserem Österreich keinen Platz", sagte Alexander Van der Bellen. Nett, aber ob der rechtsextreme Corona-Leugner-Mob, der im Netz über den Tod von Dr.in Kellermayr jubelt, da in sich gehen und Buße tun wird? Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch übt sich in getragenem Tonfall: "Hass gegen Menschen ist unentschuldbar. Das muss endlich aufhören", schrieb er auf Twitter. Klar, muss es. Aber wie? In einem Interview mit der Zeitung Österreich sagte Rauch: "Für mich ist das ein Moment, innezuhalten, und nicht, um Schuldige zu suchen."

Keine Schuldigen suchen? Keine Internetterroristen ausfindig machen? Nicht Oberösterreichs Polizei zur Verantwortung ziehen, die Dr.in Kellermayr nicht nur nicht geschützt, sondern öffentlich heruntergemacht hat? Wenn sogar ein grüner Minister eine Beschwichtigungspolitik gegenüber Extremisten empfiehlt, dann verwundert der Zustand dieser Regierung nicht mehr. (rau, 1.8.2022)