Der von Franz Hagenauer 1929 aus Messing getriebene und versilberte Kopf mit den "vorlauten" Locken aus der Privatsammlung der Familie Leopold befand sich einst in Besitz der Pop-Art Ikone Andy Warhol.

Leopold-Museum, Wien

Als Sammler hatte Rudolf Leopold im Auktionssaal zuweilen doch mehr Konkurrenten, als ihm lieb sein konnte. Ging es um Werke Franz Hagenauers (1906–1986), dann gehörte Erich Breinsberg zu den hartnäckigsten Rivalen. Etwa Anfang der 1990er-Jahre, als im Dorotheum ein aus Alpaka (Neusilber) getriebener und 1936 datierter Doppelkopf zum Aufruf kam, bei dem er sowohl Leopold als auch einen japanischen Interessenten aus dem Feld schlug. Ein Sieg, der sich mit stolzen 300.000 Schilling zu Buche schlug und für Jahre den Künstlerrekord markierte.

Schon eine Dekade zuvor hatte Breinsberg auf diese Arbeit ein Auge geworfen, jedoch widerstanden. Der Sammler Rudi Schmutz wollte 80.000 Schilling – der "Gegenwert von zwei Volkswagen!", erinnert sich der frühere Rennfahrer in der Währungseinheit, die seinen beruflichen Alltag im Familienunternehmen Autohaus Liewers bestimmt.

Über die Jahre sollte der mittlerweile 81-jährige Breinsberg eher einen Fuhrpark in seine Sammlung investieren. Sie gilt als umfangreichste weltweit zum Schaffen Franz Hagenauers, der als Bildhauer über Jahrzehnte auf dem Kunstmarkt jene Anerkennung fand, die ihm auf musealer Ebene verwehrt geblieben war. Wenn man von zwei Ausstellungen 1971 im Museum für angewandte Kunst und im Wagner:Werk Museum Postsparkasse 2011 absieht, deren Fokus eher auf der Geschichte und der Produktion der Werkstätte Hagenauer lag.

Einblick in die Ausstellung und auf das Hagenauer-Repertoire aus der Sammlung Breinsberg: aus Metall getriebene Köpfe uns Büsten aus den 1930er- bis 1970er-Jahren, im Vordergrund ein Chankukkaleuchter von 1981.
Foto: Leopold Museum

Die nun im Leopold-Museum laufende Hagenauer-Schau könnte eine Kehrtwende bedeuten. Sie stellt den "Bildhauer unter den Designern und Designer unter den Bildhauern" in den Mittelpunkt, der, in der Tradition des Wiener Kunsthandwerkes verwurzelt, zuerst vereinzelt und ab Mitte der 1930er-Jahre zunehmend vom zweckbefreiten Gestaltungswillen angetrieben wurde.

Als Sohn des Gürtlermeisters und Ziseleurs Carl Hagenauer war ihm der Werkstoff Metall in die Wiege gelegt worden. An der Kunstgewerbeschule erfolgte unter den Lehrern Franz Cizek, Josef Hoffmann und vor allem Anton Hanak die entscheidende Prägung. Erste Erfolge manifestierten sich mit Teilnahmen an der Pariser Weltausstellung 1925, der Triennale in Mailand 1930 oder der Biennale in Venedig 1934.

Anhand der rund 170 Exponate, darunter 98 Leihgaben aus der Sammlung Breinsberg, resümiert die Schau Hagenauers künstlerische Entwicklung. Punktuell fühlt man sich bei den stilisierten und teils gesichtslosen Protagonisten assoziativ an Ovoiden Constantin Brâncusis oder die Porträtphysiognomie Amedeo Modiglianis erinnert.

Den männlichen Torso schuf Franz Hagenauer 1929. Er kam erst 2014 aus dem Besitz der Familie Hagenauer über auf den Markt und wechselte für 100.800 Euro in die Sammlung Breinsberg.
Foto: Leopold Museum

Hagenauers spezifische Handschrift blieb dennoch dominant: sei es in der eleganten Ästhetik bei Gebrauchsgegenständen und den formal auf das Wesentliche reduzierten Torsi und Büsten, oder mit dem da und dort aufblitzenden Verve, etwa den vorlauten Locken, die sich bereits in den 1920er-Jahren aus den getriebenen Köpfen schälten. Oder aber dank der einnehmend beschwingten Gestik seiner auf einem Piano balancierenden Sängerin aus den frühen 1980er-Jahren. Letztere zählt zu den jüngsten Zugängen der Sammlung Breinsberg und repräsentiert jenen Zweig in Franz Hagenauers spätem Œuvre, der durch den Hype um Objekte im Stil des Art déco und der Neuen Sachlichkeit befeuert besonders im US-amerikanischen Kunsthandel gefragt war.

Die breitere Anerkennung lässt aus Sicht von Erich Breinsberg noch zu wünschen übrig. Aus diesem Anlass änderte die Familie 2021 den Zweck ihrer Privatstiftung, um künftig das Lebenswerk von Franz Hagenauer als Bildhauer in den Vordergrund zu rücken. Zu den Begünstigten gehört auch das Leopold-Museum, das für die Schau einen namhaften Betrag gesponsert bekam. Die Größenordnung bleibt ein Geheimnis. Ob die innert sechs Monaten erarbeitete Schau auch ohne die finanzielle Zuwendung stattgefunden hätte, ließ Direktor Hans-Peter Wipplinger unbeantwortet. (Olga Kronsteiner, 5.8.2022)