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Das Metaverse ist eine virtuelle, dreidimensionale Online-Welt, die Unternehmen und deren Kunden eine Vielzahl an neuen, innovativen Vermarktungs- und Konsummöglichkeiten bietet: Der schwedische Modekonzern H&M präsentiert in einem virtuellen Showroom ausgewählte Kollektionen, Sportartikelhersteller wie Adidas und Nike bringen ihre eigenen NFT-(Non-Fungible-Token-)Kollektionen heraus, und in der 3D-Welt "Decentraland" fand die erste Metaverse Fashion Week statt, an der über 70 Labels, Künstler und Designer wie Dolce & Gabbana und Forever 21 teilnahmen. Für Kunden bietet das Metaverse ein Erleben, wie es in der Realität kaum möglich ist. Doch wie die physische Welt ist auch das Metaverse nicht vor unseriösen Geschäftspraktiken der Marktteilnehmer gefeit.

Schutz bei Markenrechtsverletzungen

Das Anbieten gefälschter Markenware und Produktpiraterie sind auch im Metaverse eine reale Gefahr. Ein Nutzer findet beim Shoppen im Metaverse eine täuschend echt aussehende Rolex, die er zu einem sehr günstigen Preis kaufen kann. In der physischen Welt und im klassischen Internet drohen beim Handel mit gefälschter Markenware zivil-, straf- und verwaltungsrechtliche Konsequenzen. Dieselben Regeln gelten auch im Metaverse.

Virtuelle Stores sind aus rechtlicher Sicht wie herkömmliche Verkaufsplattformen (zum Beispiel Amazon, Ebay oder Willhaben) zu behandeln, weil die Produkte stets über das Internet zugänglich gemacht werden. Einziger Unterschied ist das virtuelle Umfeld, mit dem User in Form von Avataren interagieren.

Gegen Markenrechtsverletzungen mit Österreichbezug kann der Markeninhaber daher ebenso Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, ein angemessenes Entgelt und Schadenersatz geltend machen. Das Markenstrafrecht sieht Geld- und bei gewerbsmäßiger Begehung sogar Freiheitsstrafen vor. Vergleichbare Bestimmungen gelten bei der Verletzung von Urheberrechten im Metaverse, wenn zum Beispiel ein urheberrechtlich geschütztes Gemälde ohne Zustimmung des Künstlers "tokenisiert" und als NFT vermarktet wird. NFTs sind virtuelle, nicht austauschbare Eigentumsnachweise für digitale Gegenstände, die Nutzer mit Kryptowährungen wie Bitcoin, aber auch mit Euro oder US-Dollar kaufen können.

Prozesse in den USA

Aufsehen erregten in jüngster Zeit Streitigkeiten wegen Markenrechtsverletzungen vor US-amerikanischen Gerichten. Nike klagte den Metaverse-Marktplatz StockX, der nicht autorisierte Sportschuhbilder als NFTs anbot. Das Luxusmodehaus Hermès klagte den Künstler Mason Rothschild, der Birkin-Bag-NFTs herstellte und seine digitalen Kunstwerke im Metaverse über OpenSea, einen Marktplatz für NFTs, mit großem Gewinn verkaufte.

Selbst in den frühen, unsicheren Stadien bietet die Präsenz im Metaverse eine einzigartige Gelegenheit für Unternehmen, in dieser schnell wachsenden digitalen Gemeinschaft sichtbar zu sein. Es öffnet die Tür zu zahllosen kommerziellen Möglichkeiten. Um jedoch einen ähnlichen Wert wie in der realen Welt zu schaffen, müssen die Unternehmen sicherstellen, dass im Metaverse einer ihrer wertvollsten Vermögenswerte – ihre Marke – geschützt wird. Strategien können neue oder erweiterte Markenregistrierungen und effektivere Mechanismen zur Durchsetzung und Überwachung von potenziellen Rechtsverletzungen sein. Außerdem unterliegt das Leben im Metaverse mitunter eigenen Bedingungen. Nutzungsbedingungen bestimmter Anbieter können die Haftung einschränken oder die Zuständigkeit von Ländern mit weniger wirksamem Schutz des geistigen Eigentums begründen, was die Verfolgung von Ansprüchen erheblich erschweren kann.

Konsumentenschutz

Für Kunden gelten in einer virtuellen Welt dieselben strengen Regeln des österreichischen und europäischen Verbraucherschutzrechts wie bisher bei Kaufverträgen über Waren und Dienstleistungen im Internet. Der Kunde hat bei solchen Vertragsabschlüssen (zum Beispiel beim Kauf in einem Online-Shop) ein umfassendes Recht auf Informationen über die Ware sowie ein Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht binnen 14 Tagen, das er ohne Angabe von Gründen geltend machen kann. Das Rücktrittsrecht kann der Unternehmer bei der Bereitstellung von digitalen Inhalten und Dienstleistungen zwar einschränken, jedoch nur mit Kenntnis und Zustimmung des Kunden. Seit Jänner 2022 gelten zudem spezielle Gewährleistungsbestimmungen für Verbraucher, die Verträge über digitale Leistungen abschließen.

Innerhalb der EU ist die Anwendbarkeit des am Wohnsitz des Verbrauchers geltenden Rechts zwingend, und der Verbraucher kann seine Ansprüche gegen Anbieter im Metaverse bei den Gerichten seines Wohnsitzstaates geltend machen. Wie erfolgreich sich eine Rechtsdurchsetzung gegenüber gesetzesuntreuen Anbietern gestalten wird, insbesondere dann, wenn diese außerhalb der EU ansässig sind, bleibt freilich abzuwarten. Doch auch hier kann eine Parallele zum klassischen Online-Handel gezogen werden: War anfangs die Skepsis noch groß, ob die in einem Online-Shop bestellte Ware auch tatsächlich in der angebotenen Qualität geliefert wird, ist heutzutage – gerade in Zeiten von pandemiebedingten Verkehrsbeschränkungen – der Online-Handel als Alternative zum stationären Handel nicht mehr wegzudenken.

Problem Cyberkriminalität

Fällt der Kunde im Metaverse einem Internetbetrug zum Opfer, etwa weil er Geld für eine tatsächlich nichtexistente oder gefälschte Ware bezahlt hat, sind die Chancen auf eine effektive Rechtsdurchsetzung freilich sehr gering. Die typischen Gefahren, die mit Online-Shopping im Internet verbunden sind, wie Fake-Shops, Phishing oder Abo-Fallen, lauern auch im Metaverse. Aufgrund der Anonymität der Täter ist es in der Praxis kaum möglich, sie ausfindig zu machen, geschweige denn einen bereits bezahlten Kaufpreis zurückzuerhalten. Hier ist es wichtig, als Kunde das jeweilige Angebot im Vorhinein sorgfältig zu prüfen. Unrealistisch günstige Preise oder dubiose Zahlungsmodalitäten können ein starkes Indiz dafür sein, dass der Verkäufer betrügerische Absichten verfolgt. (Georg Kresbach, Angelika Zotter, 5.8.2022)