Sonya Kapitonowa taucht in einem Propagandavideo auf und soll auf die Schönheit russischer Frauen verweisen. Was die Filmemacher übersahen: Sie ist Ukrainerin.

Die Aufmachung erinnert mehr an ein Satirevideo: "Das ist Russland", sagt ein Sprecher aus dem Off mit einem deutlichen Akzent. Untermalt von generischen Videoclips wird eifrig Werbung für Putins Reich gemacht: Schöne Frauen, billiges Gas und traditionelle Werte würden dort auf den Zuseher warten. Tatsächlich ist der Clip ernst gemeint: In 53 Sekunden soll der Zuschauer überzeugt werden, nach Russland zu ziehen.

euronews

Dabei ist das Video neben der offensichtlichen Propaganda und der etwas befremdlichen Aufmachung nicht frei von unfreiwilligen Hoppalas. So handelt es sich bei der unter dem Punkt "Schöne Frauen" dargestellten Dame tatsächlich um das 27-jährige ukrainische Model Sonya Kapitonowa, wie die Website "Euronews" berichtet. Laut dem Bericht dürfte sich der Vater der Frau aktiv am Kampf gegen Russland beteiligen. Der Clip, der Kapitonowa zeigt, dürfte aus einer Online-Filmdatenbank stammen und wurde dort von den russischen Filmemachern gekauft.

Genau derselbe Clip taucht auch in einem Musikvideo der ukrainischen Sängerin Angy Kreyda vom Mai 2022 auf. In dem Lied mit dem Titel "Vrazhe" ("Feind") belegt Kreyda die "russischen Feinde" der Ukraine mit einem Fluch.

Wodka und angeblich fruchtbarer Boden

In dem Video wird Russland zudem mit der reichen Geschichte, weltberühmter Literatur, einzigartiger Architektur, fruchtbarem Boden, billigem Strom und Wasser sowie "traditionellen Werten" gerühmt, Christentum, No-Cancel-Culture, Gastfreundschaft und Wodka inklusive. Zu den weiteren Attraktionen zählen übrigens "Ballett" und "billige Taxis sowie Lieferdienste".

Der einzige offene Hinweis auf den seit bald sechs Monaten tobenden Krieg in der Ukraine, ausgelöst durch den Einmarsch Russlands, findet sich im Punkt der "Wirtschaft, die Tausenden von Sanktionen standhalten kann". Das Video endet mit der verwirrenden Bemerkung, potenzielle Einwanderer mögen sich beeilen, denn "Winter is coming." Ob man darunter eine Anspielung auf die TV-Serie "Game of Thrones" verstehen soll oder doch eher eine subtile Drohung, dass man den Gashahn zudrehen werde, ist unklar.

Mehrere Hoppalas

Doch die Hoppalas gehen weiter: So zeigt die erste Aufnahme des Clips ein Wappen des Ukraine-Pavillons in einem Moskauer Ausstellungszentrum – in ukrainischer Schrift. Unter dem Punkt "Weltberühmte Literatur" wird in dem Video Nikolai Gogol gezeigt – ein gebürtiger Ukrainer. Die handwerklichen Fehler halten russische Propagandisten aber laut Euronews nicht davon ab, den Clip in einschlägigen Telegram-Kanälen ausgiebig zu verbreiten. Erstmals wurde das Video von einer prorussischen Gruppe namens "Signal" auf Youtube gepostet. Auch die russische Botschaft in Spanien verbreitete den Clip. (red, 3.8.2022)