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Gutes Einschlafen hat viel mit der richtigen Schlafhygiene zu tun. Rituale wie Vorlesen oder Kuscheln lassen Kinder besser zur Ruhe kommen.

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Der Schlaf der Kinder beschäftigt viele Eltern sehr. Und einige wünschen sich sicher, dass das Einschlafen schneller und besser klappen würde. Denn dann hat man mehr Zeit für sich und die Partnerschaft. So sieht es zumindest die US-Schauspielerin Kristen Bell, bekannt aus der Serie "Veronica Mars". Deshalb gibt sie ihren Kindern zum Einschlafen Melatonin-Gummibärchen. Vor einigen Tagen erzählte sie das in einem Interview in der Nachrichtensendung "E-News".

Die 42-jährige Bell und ihr Ehemann Dax Shepard haben zwei Töchter, Lincoln (9) und Delta (7). Zum Einschlafen bekommen die Mädchen die Süßigkeit, dann stünde dem Abend in Zweisamkeit nichts mehr im Wege: "Es haut sie einfach schneller um, und es geht ihnen super", beschreibt sie das abendliche Ritual. Der Grund für diese Methode: Bell und ihr Mann wollen noch nicht schlafen gehen, wenn die Mädchen das tun. Müssten sie prinzipiell nicht, doch die Familie hat sich bis vor kurzem ein Schlafzimmer geteilt. Deshalb hätten die Eltern den Fernseher mit den Kopfhörern verbunden und noch eine Serie geschaut, während die Mädchen versuchten einzuschlafen. Nun hätten die Mädchen ein eigenes Zimmer, in dem ihre Betten nebeneinander stehen. Bell erklärte: "Jetzt können sie miteinander kuscheln statt mit uns."

Die US-Schauspielerin Kristen Bell gibt ihren Töchtern Melatonin-Gummibärchen zum besseren Einschlafen: "Es haut sie einfach schneller um."
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Wenn Celebritys über ihre Erziehungsmethoden sprechen, wirft das oft Fragen auf. So auch bei Melatonin. Dabei handelt es sich um ein Hormon, das in der Zirbeldrüse produziert wird. Sein Spiegel steigt an, wenn die Lichtaufnahme abnimmt und von Blau- auf Rotlicht umstellt. Diese Umstellung hat mit dem veränderten Einfallswinkel der Sonnenstrahlen zu tun, sie gehen über in den Rotbereich. In weiterer Folge hilft Melatonin dabei einzuschlafen. Es wird vor allem bei Jetlag oder Schichtarbeit eingesetzt, um den Schlaf-Wach-Rhythmus wieder ins Lot zu bringen.

Umstrittener Einsatz bei Kindern

Bei Kindern ist der Einsatz von Melatonin relativ neu und sollte vor allem sehr zurückhaltend betrieben werden. In den Leitlinien der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) wird vom unkritischen Einsatz von Melatonin abgeraten. Vorranging sollten bei Schlafstörungen schlafhygienische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen angewendet werden. Wenn überhaupt, könne man es laut diesen Richtlinien am ehesten bei Kindern mit ADHS, Autismus-Spektrum-Störungen, neurologischen Entwicklungsstörungen oder neuropsychiatrischen Erkrankungen einsetzen.

So sieht das auch Astrid Steindl, zertifizierter Schlafcoach für Kinder in der Wiener Kinderarztpraxis Schumanngasse: "Es gibt deutlich mehr Einschlaf- und Durschlafstörungen, die nichts mit der Melatoninproduktion zu tun haben. Liegt die Ursache anderswo, würde man mit Melatonin das Problem nicht lösen." Sie rät eher zu schlafhygienischen Maßnahmen.

Dafür ist es wichtig, als Erstes den Tagesverlauf zu analysieren: "Wie steht es um die Tagesschläfchen? Wann steht das Kind morgens auf? Wann geht es abends ins Bett? Passiert das immer zur selben Zeit? Ein gut getakteter, rhythmischer Tag hilft der inneren Uhr enorm." Dieser komme aber durch unsere flexible Lebensweise immer mehr abhanden.

Etablierte Einschlafrituale

Der zweite wesentliche Punkt für einen guten Schlaf ist das abendliche Einschlafritual. Dieses kann schon vor dem Abendessen beginnen: "Man sollte darauf achten, dass man rechtzeitig nach Hause kommt. Dann kann das Kind ankommen, noch etwas spielen und vor dem Abendessen runterfahren. Auch die Lichtexposition nimmt schon ab, wenn man im Innenraum ist", weiß Steindl. Vom Fernsehen, Handy- oder iPad-Schauen rät Steindl dabei ab – denn die Bildschirme emittieren Blaulicht, was die Melatoninproduktin stört.

Nach dem Abendessen sollten Rituale folgen, die auf das Einschlafen vorbereiten, etwa ein Buch vorlesen, eine Geschichte erzählen, noch etwas kuscheln. Die unmittelbare Einschlafbegleitung kann dann unterschiedlich sein: "Manche Eltern sitzen daneben, bis das Kind einschläft, andere kuscheln kurz und gehen kurze Zeit später aus dem Zimmer, bleiben aber in der Nähe, damit das Kind die Sicherheit hat, dass es nicht allein ist."

Dieser Prozess passiert schrittweise. Der erste Schritt ist, dass das Kind selbstständig einschlafen lernt, da ist ein Elternteil daneben. Darauf folgt das Allein-Einschlafen, also ohne Anwesenheit der Eltern. Wie dieser Prozess zeitlich abläuft, ist sehr unterschiedlich. Vor allem Zwillinge und Geschwisterkinder schaffen das oft schon früher. Je nach Kind könne man aber schon ab einem Alter von fünf oder sechs Monaten schrittweise damit beginnen, das Baby zunehmend mit weniger Begleitung einschlafen zu lassen, sagt Steindl: "Man ist ja dann nicht weit weg und jederzeit zur Stelle, wenn das Kind noch Unterstützung braucht. Dieses Signal, ich bin da, wenn du mich brauchst, ist wichtig, weil es dem Kind Sicherheit gibt."

Fixe Regeln, wann das Allein-Einschlafen funktionieren soll, gibt es dabei aber nicht: "Jedes Kind und auch die Eltern sind anders, es gilt, ein für die eigene Familie passendes Ritual zu finden." Und das Einschlafen läuft auch nicht immer gleich ab, betont Steindl: "Passiert gerade viel Aufregendes im Leben oder macht das Kind einen Entwicklungsschritt durch, kann es zwischenzeitlich auch wieder mehr Unterstützung beim Einschlafen brauchen." Das ist auch in Ordnung, nach einer Weile kann man aber wieder zur zuvor bereits etablierten Schlafroutine zurückkehren. (Pia Kruckenhauser, 5.8.2022)