Zellteilung ist vielleicht das zentrale Wunder des Lebens. Damit Organismen wachsen, sich erneuern und fortpflanzen können, muss sie möglichst reibungslos verlaufen. Bei der Zellteilung werden bei vielen Lebewesen die DNA-Stränge, die ausgefaltet eine Länge von zwei Metern hätten, zu einer Größe von wenigen Millionstel Metern aufgewickelt. Außerdem muss die DNA in Form der Chromosomen im Zellkern richtig organisiert werden, damit bei der Zellteilung auch wirklich jede neue Zelle das gesamte Erbgut erhält.

In einer frühen Phase der Zellteilung beginnen Chromosomen (hier lila gefärbt) sich zu ordnen. Verantwortlich sind die hellgrün dargestellten "Spindeln".
Foto: Gerlich/IMBA

Zu diesem Zweck ziehen Eiweißstrukturen, der sogenannte Spindelapparat, die Chromosomen in die richtige Position. Warum das funktioniert, ist aber nicht ausreichend geklärt. Eigentlich ist der DNA-Strang nicht stabil, sondern nur zu großen Schleifen "aufgerollt". Daran ist ein Eiweiß namens Condensin beteiligt. Doch Condensin allein erklärt nicht das Verhalten der Chromosomen. Sie würden eher lose Strukturen bilden, die einer Flaschenbürste ähneln.

Stabilität für Chromosomen

Es muss also noch weitere Prozesse geben, die den Chromosomen Stabilität verleihen und verhindern, dass sie beim Ordnen zerrissen werden. Ein Forschungsteam um Daniel Gerlich vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) hat die Vorgänge nun genauer untersucht und einen neuen Mechanismus entdeckt, wie die Gruppe nun im Fachjournal "Nature" berichtete.

Tatsächlich gibt es einen zweiten Prozess, der das vom Condensin induzierte Aufwickeln ergänzt. Er nennt sich Histon-Deacetylierung. Histone sind wichtige Bestandteile des beim Einrollen der DNA beteiligten Chromatins. Bei der Acetylierung wird ihnen eine einfache chemische Gruppe angehängt, die Acetylgruppe. Die Deacetylierung ist die Umkehrung dieses Prozesses. Bereits in früheren Studien wurde vermutet, dass dieser Vorgang eine wichtige Rolle für die Stabilität von Chromosomen spielt.

Die Stadien der Zellteilung unter dem Mikroskop. Der Spindelapparat, der die Chromosomen ausrichtet, ist grün, die Chromosomen selbst sind blau eingefärbt.
Foto: IMP

Das Team um Gerlich variierte in einem Modellsystem die Konzentrationen von Condensin und die Intensität der Histon-Deacetylierung. Dabei stellten die Fachleute fest, dass das Entfernen des Condensins die Widerstandsfähigkeit gegen das Ziehen verringerte, aber die kompakte Form nicht beeinflusste. Eine gleichzeitige Unterdrückung der Histon-Acetylierung führte aber dazu, dass die Chromosomen vom Spindelapparat zerrissen wurden.

Ein Gel, das hart wird

Das Forschungsteam vermutete, dass Chromatin im Lebenszyklus der Zelle eine Art Gel bildet, das bei der Zellteilung durch die Histon-Deacetylierung fest und wasserunlöslich wird. Diese Hypothese konnte in weiteren Versuchen bestätigt werden.

Damit sei gezeigt, dass die Deacetylierung der Histone für die einzigartigen Eigenschaften der Chromosomen verantwortlich ist, die eine erfolgreiche Zellteilung überhaupt erst möglich machen. (Reinhard Kleindl, 5.8.2022)