Ein Gericht in Texas entschied, dass Jones den Eltern eines beim Amoklauf erschossenen Kindes 4,1 Millionen Dollar Entschädigung zahlen muss.

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Austin – Der prominenteste unter den US-Verschwörungserzählern, Alex Jones, muss den Eltern eines 2012 beim Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut erschossenen Kindes mindestens 4,1 Millionen Dollar (4,03 Millionen Euro) Entschädigung zahlen. Das entschied am Donnerstag ein Geschworenengericht im US-Bundesstaat Texas. Der Radiomoderator hatte öfters behauptet, dass das Massaker mit 20 erschossenen Grundschulkindern und sechs Lehrern von Schauspielern inszeniert worden sei.

Eltern eines Opfers hatten den rechten Gründer der Webseite "Infowars" daraufhin geklagt. Sie wurden von Jones-Anhängern über Jahre belästigt und mit Mord bedroht, da diese glaubten, sie würden über den Tod ihres damals sechsjährigen Sohns lügen. Am Dienstag hatten die Eltern Jones bei der Anhörung direkt adressiert und gefragt, warum er wissentlich solche Lügen verbreite. Sie sei eine echte Mutter, die einen echten Sohn hatte. Das Land sei aktuell auch wegen Menschen wie ihm dermaßen gespalten, sagte die Mutter.

Eltern fordern 75 Millionen

Jones, der im Lauf des Prozesses zugegeben hat, dass das Massaker "hundert Prozent real" sei und als einziger Zeuge der Verteidigung auftrat, droht eine noch höhere Strafe. Die Eltern fordern nämlich 75 Millionen Dollar Strafschadenersatz. Dieser fällt häufig höher als der eigentliche Schadenersatz aus, sollte das Verhalten des 48-Jährigen als besonders anstößig eingestuft werden. Beratungen der zwölfköpfigen Jury dazu starten am Freitag.

Während sich das Anwaltsteam rund um Jones vorerst nicht äußerte, gaben sich die Anwälte der Eltern positiv, forderten aber noch mehr. "Wir sind noch nicht fertig, Leute", zitierte Reuters einen der Anwälte, Mark Bankston. Man hätte die enorme Summe von 150 Millionen Dollar fordern müssen, um den Geschworenen klarzumachen, dass man es ernst meine. Es gelte die freie Rede, aber für Lügen müsse man bezahlen, forderte Bankston vor der Jury.

Für nächstes Monat sind eigentlich zwei weitere Prozesse gegen Jones anberaumt – angestrebt ebenfalls von Eltern von Sandy-Hook-Opfern. Weil die Firma von Jones allerdings Konkurs angemeldet hat, könnte es sein, dass diese verschoben werden müssen. Noch am Donnerstagabend sprach Jones aber von einem Erfolg, animierte Fans gleichzeitig aber dazu mehr Merchandise zu kaufen, um die finanziellen Folgen des Urteils zu tilgen.

Versehentlich versendete Textnachrichten

Als besonders brisant stellte sich während der Anhörung heraus, dass das Anwaltsteam von Jones versehentlich die Inhalte des Mobiltelefons seines Mandanten an die klagende Partei übermittelte – darunter über zwei Jahre an Textnachrichten, die auch belastendes Material zum Kapitolsturm aus dem vergangenen Jahr enthalten und nun den dafür zuständigen Untersuchungsausschuss beschäftigen. Jones Rolle im Umsturzversuch wird derzeit genauer beleuchtet.

Der Moment, als Jones erfährt, dass seine Handydaten der Gegenseite übermittelt wurden.
Brian Tyler Cohen

Jones hatte mit seiner Website und seinem Podcast immer wieder Verschwörungsmythen in die Welt gesetzt oder befeuert, sei es um die vermeintlich von Donald Trump gestohlene Präsidentschaftswahl oder einem ebenso fingierten Kinderpornoring in einer Washingtoner Pizzeria, in den auch die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hilary Clinton involviert hätte sein sollen. Ein Attentäter überfiel daraufhin die Pizzeria und wurde anschließend festgenommen. Auch die Verschwörungstheorien um Barack Obamas Geburtsurkunde oder jubelnde Muslime nach den Terroranschlägen vom 11. September waren ein prominenter Teil von Jones Sendungen. Im Dezember 2015 trat Donald Trump bei "Infowars" auf. (APA, faso, 5.8.2022)