Schon 2018 baute Nordkorea unter Kim Jong-un abgerissene Gebäude auf dem Gelände von Punggye-ri wieder auf. Nach Angaben des UN-Berichts wurden auch die Kapazitäten zur Produktion von spaltbarem Material hochgefahren.

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Pjöngjang / New York – Nordkorea bereitet sich den Vereinten Nationen zufolge auf seinen ersten Atomtest seit 2017 vor. Zuletzt seien Bauarbeiten an einer unterirdischen Testanlage im Norden des Landes beobachtet worden. "Die Arbeiten auf dem Atomtestgelände Punggye-ri ebnen den Weg für weitere Atomtests zur Entwicklung von Atomwaffen", heißt es in einem bisher vertraulichen UN-Expertenbericht. Kapazitäten zur Produktion von spaltbarem Material wurden hochgefahren.

Satellitenaufnahmen ließen darauf schließen, dass Nordkorea sein Stollennetzwerk in Punggye-ri instand setze sowie 2018 im Zuge von Verhandlungen mit den USA abgerissene Gebäude auf dem Gelände wieder aufbaue. Nach Angaben des UN-Berichts, der den Zeitraum der vergangenen Monate abdeckt, wurden zudem die Kapazitäten zur Produktion von spaltbarem Material in der Atomanlage Yongbyon hochgefahren.

"Zeit nuklearer Gefahr"

Seit Monaten befürchten Beobachterinnen und Beobachter, dass nach zahlreichen Raketentests der erste Atomtest von Machthaber Kim Jong Un seit knapp fünf Jahren bevorstehen könnte. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte bereits im Juni auf Aktivitäten in Punggye-ri verwiesen. Nordkorea hat dort zwischen 2006 und 2017 sechs Testexplosionen durchgeführt.

Das Land erlaubt keine internationalen Inspektionen vor Ort. Nordkorea feuerte unter Verstoß gegen UN-Sicherheitsratsresolutionen in diesem Jahr nach UN-Angaben bereits über 30 ballistische Raketen ab – darunter mehrere Interkontinentalraketen.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte erst am Montag auch angesichts von Nordkoreas Atomprogramm davon gesprochen, die Welt befinde sich in einer "Zeit nuklearer Gefahr, wie es sie seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr gegeben hat". Die Menschheit laufe Gefahr, die Lehren von Hiroshima und Nagasaki zu vergessen. "Heute ist die Menschheit nur noch ein Missverständnis, eine Fehlkalkulation von der nuklearen Vernichtung entfernt."

Druckmittel gegen Sanktionen

Nordkorea finanziert sein Atomprogramm den UN-Experten zufolge weiterhin mit Hackerangriffen, bei denen Computer-Spezialisten durch Datenklau Geld nach Pjöngjang schleusen. Sie hätten "Hunderte Millionen Dollar" in Kryptowährungen erbeutet. Entgegen der UN-Sanktionen gegen die Autokratie exportiere das Land außerdem Kohle.

Diktator Kim Jong-un will mit den Raketentests und seinem Atomprogramm den Druck zum Aufheben der Sanktionen erhöhen. Gleichzeitig liegt die Diplomatie zu den USA seit dem gescheiterten zweiten Gipfeltreffen Kims mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Februar 2019 brach. Nordkorea machte daraufhin mehrfach deutlich, an neuen Gesprächen nicht interessiert zu sein, solange die USA keine neuen Vorschläge unterbreiten.

Im UN-Sicherheitsrat waren die USA im Mai mit einer Resolution für schärfere internationale Sanktionen gegen Pjöngjang gescheitert. Russland und China legten bei der Abstimmung ihr Veto ein. (APA, 5.8.2022)