Eine Ärztin alarmierte die Polizei, nachdem die beiden anderen Kinder der Frau allein in ihre Ordination gekommen waren.

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Wien – Was genau sich in einem Wohnhaus in der Mollardgasse in Wien-Mariahilf zugetragen hat, muss die Polizei noch rekonstruieren. Doch der Verdacht, dass hier am Donnerstag, oder vielleicht auch schon einen Tag früher, ein Doppelmord begangen wurde, ist dringend. Eine 32-jährige Frau aus Ungarn und ihre 15-jährige Tochter wurden tot aufgefunden. Gefahndet wurde am Freitag nach dem ehemaligen Lebensgefährten der Mutter, einem 49-jährigen Mann aus Tunesien. Er war seit Mittwochabend untergetaucht.

Buben kam allein zum Arzt

Auch die Umstände, die zur Entdeckung des mutmaßlichen Verbrechens geführt haben, sind dramatisch. Die beiden Söhne der Frau, sieben und neun Jahr alt, waren Donnerstagnachmittag ganz alleine bei einer Augenärztin in der Nähe aufgetaucht. Die Ärztin wollte sich daraufhin telefonisch nach dem Verbleib der Mutter erkundigen, konnte diese aber nicht erreichen. Daraufhin rief die Ärztin die Polizei.

Zwei Beamte von der Polizeiinspektion Taubstummengasse brachten die Kinder schließlich heim und hielten Nachschau. Die Wohnungstür in dem Mehrparteienhaus war offen, in der Wohnung selbst stießen die Polizisten auf eine versperrte Zimmertür.

Obduktion angeordnet

Daraufhin wurden die Brüder vor der Wohnung betreut und die versperrte Tür zum Schlafzimmer geöffnet. Auf einem Bett fanden die Polizisten die beiden Leichen. Die Auffindungssituation habe sofort auf ein Tötungsdelikt schließen lassen, teilte die Polizei mit. Weitere Details wurden aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst zurückgehalten, das Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft ordnete die Obduktion der Opfer an, die als Todesursache "Fremdeinwirkung gegen den Hals" ergab.

Fahndung eingeleitet

Da der ehemalige Lebensgefährte der Frau am Freitag nicht auffindbar war, wurde er zur Fahndung ausgeschrieben. Der Tunesien soll sich noch am Mittwochabend in der Wohnung der Mutter aufgehalten haben.

Die beiden unmündigen Brüder werden von einem Kriseninterventionsteam betreut und befinden sich in der Obhut der Jugendwohlfahrt.

23 getötete Frauen seit Jahresbeginn

Bei den beiden mutmaßlichen Mordopfern handelt es sich laut Zählung der Austria Presse Agentur um die 22 und 23. Tötung einer Frau in Österreich im heurigen Jahr. In 13 Fällen davon stehen Partner und Expartner unter Mordverdacht. In drei Fällen gelten die Söhne als tatverdächtig, zwei Frauen wurden von Frauen getötet, drei weitere Frauen von Männern ohne Naheverhältnis.

"Es ist nur mehr zum Verzweifeln", beklagte Klaudia Frieben, die Vorsitzende des Österreichischen Frauenringes. Sie und andere Organisation fordern seit Monaten die Aufstockung von Mitteln für Hilfe gegen Gewalt an Frauen. Konkret geht es um 228 Millionen Euro jährlich und 3.000 Arbeitsplätze in der Prävention. Das wäre eine gute Basis, um umfangreiche und ganzheitliche Maßnahmen setzen zu können, so Frieben. (APA, simo, 5.8.2022)