Der Campus Austrian Alps (nächstes Bild) des Start-ups Emma Wanderer entsteht auf einem alten Fußballplatz in Hieflau im obersteirischen Nationalpark Gesäuse.

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Foto: W30 Architekten/Emma Wanderer

Mails schreiben am Strand oder Videocalls in den Bergen abhalten – seit Corona ist das bei einigen Unternehmen keine Utopie mehr. Gerade in der Urlaubssaison werden Workations, also Verbindungen von Arbeiten und Reisen, unter Beschäftigten immer beliebter. Das kommt auch in den Firmen an: "Rund die Hälfte der Unternehmen, die Homeoffice anbieten, können sich vorstellen, dass ihre Mitarbeiter:innen während der Arbeit verreisen", sagt Andreas Jaritz. Gemeinsam mit seinem Team von Emma Wanderer arbeitet er gerade an der Entstehung eines sogenannten Arbeitscampus an der Steirischen Eisenstraße inmitten atemberaubender Berglandschaften.

Die Idee dazu hatte der gebürtige Leibnitzer schon lange. Bereits vor mehr als 13 Jahren führte er ein Leben als digitaler Nomade, produzierte Dokumentarfilme und betrieb einen Blog aus einem Van heraus. "Es fehlte aber oft an der nötigen Infrastruktur, um gut arbeiten zu können. Damals hätten wir gerne eine Homebase wie unsere Campusse gehabt", sagt er. Als Homeoffice und Remote Work durch Corona "im Mainstream" ankommen, beschließt der 40-Jährige, seine Idee endlich umzusetzen.

Die Idee zu den Arbeitscampussen hatte Gründer Andreas Jaritz bereits als er selbst vor Jahren als digitaler Nomade unterwegs war.
Foto: Emma Wanderer

Zwischen Graz und Wien

Der Campus Austrian Alps entsteht auf einem alten Fußballplatz in Hieflau im obersteirischen Nationalpark Gesäuse. "Wir wollten den ersten Standort zwischen Graz und Wien eröffnen. Deshalb haben wir in der gesamten Obersteiermark nach einem geeigneten Areal gesucht. Hier war die Gemeinde sofort sehr offen und hilfreich", sagt Jaritz. Am entscheidendsten für die Wahl des Standorts war jedoch der Glasfaseranschluss, der bald vom Ort hinauf zum Campus verlegt wird.

Vor einem Monat erfolgte der Spatenstich für das Haupthaus mit 66 Arbeitsplätzen, Gemeinschaftsküchen und Lounges. Übernachtet wird in umliegenden Tiny Houses und Ministudios, aber auch Camper-Stellplätze wird es geben. Insgesamt bietet das Areal Platz für 150 Gäste. Im Herbst soll der Campus probeweise eröffnen, Anfang 2023 werden dann die ersten externen Besucherinnen und Besucher erwartet. Man plane aber bereits weitere Standorte – nicht nur in Österreich.

"Unser Angebot richtet sich an Firmen, die ihre Mitarbeiter:innen von überall aus arbeiten lassen", sagt der Gründer. Willkommen seien zwar auch Selbstständige und Urlauber, Jaritz sieht die übergeordnete Mission aber vor allem darin, eine Art "dritte Säule" der Arbeitswelt zu bilden – neben Büro und Homeoffice. Beschäftigte sollen dadurch vollkommen flexibel entscheiden können, von wo aus sie arbeiten wollen.

Arbeiten, wo man will

Damit sich Firmen mehr mit mobilem Arbeiten auseinandersetzen, müsse sich der Diskurs stärker auf die Produktivität fokussieren. "Viele Unternehmen haben in der Pandemie gemerkt, dass ihre Mitarbeiter:innen noch produktiver sind, wenn sie nicht immer am gleichen Ort, also im Büro, sitzen. Das gleiche gilt aber auch fürs Homeoffice", ist der 40-Jährige überzeugt.

Bereits im Mai rief Airbnb-Chef Brian Chesky auf Twitter das Ende des Büros aus. Die Mitarbeitenden des Apartmentvermittlers müssen auch künftig nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Zwar beschränkt sich das "Work from Anywhere"-Prinzip vorerst auf die USA – man arbeite jedoch daran, dass Beschäftigte künftig über den gesamten Globus verteilt leben und arbeiten können.

Auch in österreichischen Firmen ist es laut der Arbeitsrechtsexpertin Jana Eichmeyer grundsätzlich möglich, mobiles Arbeiten anzubieten. Einen rechtlichen Rahmen wie etwa das Homeoffice-Gesetz gibt es dafür bislang aber nicht. "Dort, wo Remote Work an Grenzen stößt, liegt es oft an Versicherungsfragen, die sich leichter lösen lassen, als viele Unternehmen ihre Beschäftigten glauben lassen wollen", sagt Jaritz.

Neue Impulse

Die Mission von Emma Wanderer beschränkt sich aber nicht auf die Jobwelt, Jaritz und sein Team wollen damit auch Impulse abseits des klassischen Tourismus setzen. "Derzeit ist die Verweilzeit in der Region mit eineinhalb Tagen sehr gering und stark auf den Tagestourismus ausgelegt", erklärt er. Neben längeren Aufenthalten setzt man auch auf die Zusammenarbeit mit dem Nationalpark, um Urlauben nicht nur in der Natur, sondern auch im Einklang mit dieser zu ermöglichen. (Anika Dang, 9.8.2022)