Weltweit suchen Klippenspringerinnen und Klippenspringer nach natürlichen und künstlichen Vorsprüngen, um aus großer Höhe tief einzutauchen – hier am Stausee Jablaničko jezero in Bosnien und Herzegowina.
Foto: AP / Armin Durgut

Im Schwimmbad sind sie ähnlich gefürchtet wie begehrt: An den Sprungtürmen zeigt sich, wer sich zu einem mehr oder weniger beeindruckenden Hüpfer ins Wasser überwinden kann und wer nach großen Tönen im letzten Augenblick doch einen Rückzieher macht. Um zu lernen, dass Bauchplatscher und Arschbombe schmerzhaft sind, bedarf es keiner großen Fallhöhe. Daher werden diese Landevarianten von Erfahrenen eher gemieden.

Stattdessen sollte die Körperfläche beim Eintritt ins Wasser möglichst klein sein. Aber auch hier gibt es Variationen – man kann etwa mit Kopf, Händen und Füßen voraus ankommen. Ein Forschungsteam der Cornell University im US-amerikanischen Ithaca wollte genau wissen, welche Kräfte bei diesen drei Formen auf den menschlichen Körper einwirken – und ab welcher Höhe mit Verletzungen der Knochen oder Muskeln zu rechnen ist.

Vergleich mit Tierkörpern

Das Team, das der Biologe Frank E. Fish von der West Chester University nicht nur mit seinem passenden Namen ergänzte, ließ dafür per 3D-Druck Dummys anfertigen. Diese wurden anschließend von oben in ein Becken mit Wasser geschossen – Sensoren maßen die Kräfte beim Aufprall, eine Hochgeschwindigkeitskamera dokumentierte das Ganze.

Einer der humanoiden Dummys beim Test.
Foto: Cornell University

Die drei Eintrittsformen hatten die Fachleute an die Form von Tieren angelehnt, die ebenfalls regelmäßig mit hoher Geschwindigkeit ins Wasser abtauchen, wie sie im Fachjournal "Science Advances" darstellen. So erinnere ein Sprung mit dem Kopf voran an das Eintauchen eines Schweinswals nach einem Luftsprung.

Der Kopf eines Schweinswals ähnelt der Form eines menschlichen Kopfes, der ins Wasser eintritt – so die Annahme des Forschungsteams für ihr Experiment.
Foto: Imago / Nature Picture Library / Nick Hawkins

Der klassische Kopfsprung mit zusammengelegten Handflächen stellt annähernd eine Kegelform dar, die die Forschenden an einen Seevogel denken ließ. Und die "Kerze", bei der die Beine zuerst die Wasseroberfläche berühren, erinnere an die flachen Füße von leguanartigen Echsen, die über Wasser rennen können.

National Geographic

"Menschen können entscheiden, wie sie ins Wasser eintauchen, daher wollten wir die Auswirkungen der Tauchposition untersuchen", sagt Studienautor Sunghwan Jung. Daraus ließen sich die sichersten Methoden ableiten – immerhin könne der rasche Übergang von einem sehr dünnen Medium wie der Luft zum dichten Wasser enorme Konsequenzen nach sich ziehen.

Schutz vor Verletzungen

Wie sich bereits vermuten lässt, ist der Sprung mit dem Kopf voraus und an den Körper angelegten Armen weniger empfehlenswert. Die Studie macht deutlich, dass hier schon ab einer Höhe von acht Metern Rückenmark und Nacken gefährlich beeinträchtigt werden können. Dies zeigt der Vergleich mit Druckkräften, die dokumentiert für Knochen- und Muskelläsionen gesorgt haben. Tiere wie Schweinswale und Delfine haben kürzere und miteinander verschmolzene Halswirbel, die sie vor Verletzungen schützen.

Science X: Phys.org, Medical Xpress, Tech Xplore

Für Menschen bietet sich eher das Eintauchen mit den Händen voran an, wobei es ab zwölf Metern Höhe zu Schlüsselbeinbrüchen kommen kann. Die sicherste der untersuchten Methoden sei aber ein gerader Sprung mit den Beinen voran. Hier steigt das Risiko erst ab einer Sprunghöhe von 15 Metern stark an, insbesondere die Knie können der Studie zufolge dabei in Mitleidenschaft gezogen werden. Hautverletzungen wurden nicht berücksichtigt – doch es empfiehlt sich, die Füße nicht im rechten Winkel auf der Wasseroberfläche aufkommen zu lassen, sondern die Zehen zu strecken.

Profisport und Rekorde

Die richtige Körperspannung schützt auch Personen, die professionelles Klippenspringen aus großen Höhen betreiben. Ihre Techniken decken sich zum Teil mit den neuen Forschungsergebnissen: Immerhin gilt in diesem Sport die Regel, dass man mit den Füßen voran aufkommen muss – unabhängig davon, welche Schrauben und Salti in der Luft vollführt werden. Dabei können die Springerinnen und Springer Geschwindigkeiten von 85 Kilometern pro Stunde erreichen und eine g-Kraft von bis zu 10 g – mehr als bei Kunstflugmanövern in Flugzeugen.

In einem Steinbruch nahe dem tschechischen Hříměždice vollführen Mutige beim jährlichen Highjump-Event beeindruckende Sprünge – der diesjährige Wettbewerb ist Samstag zu Ende gegangen.
Foto: Reuters / David W. Cerny

International sind vor allem die Klippen von Acapulco in Mexiko dafür bekannt, von Fans des Klippenspringens besucht zu werden – sofern es die Sicherheitslage in der Region zulässt. In Österreich springen Menschen mitunter aus 28 Metern Höhe von der Falkensteinwand in den Wolfgangsee oder aus zwei bis 18 Metern in den Weißensee.

Den Weltrekord hält der brasilianisch-schweizerische Extremsportler Laso Schaller. Er sprang bei einem Wasserfall im Tessin mit 58,8 Metern tiefer, als der Schiefe Turm von Pisa hoch ist. Das schäumende Wasser, das das Auftreffen weicher macht als eine glatte Oberfläche, war allerdings nicht genug, um ihn vor Verletzungen zu schützen: Er erlitt einen Innenbandanriss. (Julia Sica, 7.8.2022)

Laso Schaller