Gas wird üblicherweise verbrannt, wenn es sich nicht rentiert, es weiterzutransportieren, oder wenn es technische Probleme gibt.

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Eine riesengroße Flamme ragt seit Mitte Juni an der russisch-finnischen Grenze über zwei Turmbauten in den Himmel. Was dort brennt? Anscheinend große Mengen Erdgas, die Russland verbrennt, anstatt es nach Europa zu liefern. Verbreitet wurde das Bild vom finnischen Fernsehsehsender Yle. Dem Sender zufolge handelt es sich um eine Verteilerstation des russischen Energiekonzerns Gazprom bei der Stadt Portowaja, in der auch die Pipeline Nord Stream 1 beginnt.

Aufgetaucht sei die Flamme erstmals, nachdem der Kreml die Gaslieferungen nach Europa deutlich eingeschränkt hatte. Der finnische TV-Sender beruft sich auf Augenzeugenberichte sowie Daten der US-Weltraumbehörde Nasa. Deren globaler Feuerbeobachtungsdienst Fire Information for Resource Management Systems zeigt das durchgehend lodernde Feuer nahe der Portowaja-Station. Andere Sichtungen von Bränden gibt es in der Region nicht, was dafür spricht, dass Russland überschüssiges Gas verbrennt. Üblicherweise kommt es zu diesem gezielten Abfackeln, wenn es technisch nicht möglich ist oder es sich wirtschaftlich nicht rentiert, das Gas weiterzutransportieren.

20 Prozent der Kapazität

Gazprom lässt momentan nur 20 Prozent der möglichen Kapazität durch die Leitungen strömen. Begründet wird das weiterhin mit dem Fehlen jener Turbine, über die in den vergangenen Wochen medial viel berichtet wurde. Besagte Turbine wurde in Kanada repariert und ist aktuell in Deutschland zwischengelagert.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat Russland indirekt vorgeworfen, Vorwände für die ausbleibenden Gaslieferungen zu nutzen. Die Turbine sei jederzeit einsetzbar und könne geliefert werden. Die OMV meldete unterdessen Mitte vergangener Woche eine stabile Lieferung, 40 Prozent der nominierten Menge seien in der Gasstation Baumgarten in Niederösterreich angekommen.

Die berüchtigte Turbine ist laut Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz jederzeit einsetzbar.
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Fehlende Absatzmärkte

Die russischen Speicher dürften voll sein, ohne die Kunden in Europa fehlen aber Absatzmöglichkeiten. Vor dem Ukraine-Krieg verkaufte Russland 83 Prozent des Erdgases nach Europa, für dessen Transport braucht es allerdings Pipelines. Nach China gibt es bisher nur eine, und die ist noch nicht voll einsatzbereit. Sprich Russland tut sich schwer, Gas nach Asien zu verkaufen. Diese Situation führt nicht nur zu einem massiven Rückgang des Exports, sondern auch der Förderung. Laut Gazprom lag die Förderquote im Juli um mehr als ein Drittel unter jener des Vergleichszeitraums 2021.

Sollte Russland demnach bereits begonnen haben, Bohrlöcher zu schließen, kann das langfristig schwere Folgen haben. Geschlossene Bohrlöcher wieder einsatzfähig zu machen gilt als sehr schwierig und teuer. (red, 8.8.2022)