Alle Augen auf das große Idol: Donald Trump beim Konservativen-Treffen CPAC. Die Demokraten hoffen, dass das Wähler abschreckt.

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Das weit rechte Amerika lauscht seinem Idol. Demokraten hoffen, dass Mitte-Wähler sich abgeschreckt fühlen.

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Die Veranstaltung ist lang, die Highlights waren aus Sicht der Anwesenden zahlreich: Ungarns Premier Viktor Orbán hat bereits am Donnerstag "Chuck Norris statt Dragqueens" gefordert, die verschwörungsbegeisterte Extremistin Lauren Boebert schon die eigene Republikanische Partei für ihre angebliche Laschheit in die Mangel genommen, viele Sprecherinnen und Sprecher haben die Echtheit der US-Wahlen 2020 in Zweifel gezogen. Doch der Moment, auf den bei der Conservative Political Action Conference (CPAC) alle gewartet haben, steht noch bevor: die Rede des Idols der versammelten Erzkonservativen und Rechtsextremen, Ex-Präsident Donald Trump.

Er enttäuscht nicht: Trump zeichnet rhetorisch das Bild eines Landes, in dem alles verloren und kaputt ist, seitdem er die Geschicke der Nation nicht mehr lenkt. Ein Land, in dem die Kriminalität abhebe, die Regierung versage und in dem ein angeblich verweichlichtes Militär der "Gender-Ideologie" folge, statt sich an strammer Organisation wie in Russland und China zu orientieren. Übernehmen würde die "extreme Linke" – also fast alle, die nicht so denken wie die Anwesenden – via Aufklärung über sexuelle Orientierung und Geschlechteridentitäten auch die Entwicklung von Kindern. Deshalb solle das Bildungsministerium abgeschafft werden.

Ob er auch das tun werde, was seine Anhänger sehnlich erhoffen, lässt er offen. "Vielleicht müssen wir es wieder tun", sagt er nur zur Frage eines erneuten Antritts 2024. Daran, dass er gerne noch einmal Präsident werden würde, gibt es aber eigentlich kaum Zweifel. Und was Trump will, das lässt ihn die Republikanische Partei auch machen.

Trumps Partei

Seine ungebrochene Macht hat er zuletzt wieder in den Vorwahlen für die Midterm-Elections bewiesen, bei denen im November ein Drittel des US-Senats und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt werden. Kandidatinnen und Kandidaten, die von Trump unterstützt werden, haben jene aus traditionelleren konservativen Strömungen fast immer geschlagen – vor allem dann, wenn sie den Segen Trumps auch explizit erhalten hatten. Dennoch kann man schließen: Selbst wenn Alter, Unwille, Justiz oder andere Wendungen des Schicksals Trump an einer Kandidatur in zwei Jahren hindern würden: Die Partei hat er umgeformt, die Hoffnungen auf eine Rückkehr der traditionellen Konservativen verflüchtigen sich.

Das eröffnet auch eine drängende Frage für die andere politische Hälfte der USA: Wie soll man damit umgehen? Viele in der Demokratischen Partei hoffen, dass der überbordende Extremismus einer Mehrzahl der Wählerinnen und Wähler doch zu viel wird – und diese daher entweder gar nicht zu den Urnen gehen oder doch noch einmal ihr Kreuz bei den Demokraten machen, schlechter Wirtschaftslage und dem unbeliebten Präsidenten zum Trotz.

Die Hoffnung basiert auf Erfahrungen: Als Joe Biden 2020 die Wahl gewann, teilten überraschend viele Wählerinnen und Wähler ihre Stimme auf. Für die Präsidentenwahl sollte es Biden sein, für Senat und Repräsentantenhaus dann doch die Republikaner. Die Demokraten schlossen daraus: Auch vielen, die eigentlich der Konkurrenz zuneigen, ist und bleibt Trump zu radikal.

Riskante Strategie

Eine ähnliche Erfahrung wiederholte sich erst vor Wochenfrist in Kansas: Ein von den Republikanern angestoßenes Referendum zum völligen Verbot von Abtreibungen lehnten die Wählerinnen und Wähler 59 zu 41 Prozent ab. Auch in dem sonst sehr konservativen Staat motivierten die überzogen extremistischen Forderungen Unabhängige und Demokraten dazu, an die Urnen zu schreiten – während die Beteiligung bei registrierten Republikanern leicht unterdurchschnittlich war.

Angesichts solcher Ergebnisse wächst unter Liberalen die Hoffnung, die laut Umfragen drohende Niederlage bei den Midterm-Wahlen doch noch abwenden zu können, sollten die Gegner nur radikal genug sein. In einige Vorwahlrennen schaltete sich daher auch die Demokratische Partei ein, die als Angriffe getarnte Werbung für extremistische Kandidaten finanzierte.

Warnungen vor "von Trump handverlesenen" und "extrem konservativen" Kandidaten sollten dabei in Wahrheit den Angesprochenen zum Vorwahlsieg verhelfen. Eine riskante Strategie, die an das Jahr 2016 denken lässt. Damals freute sich im Frühjahr die Kampagne Hillary Clintons schon über die sichere Präsidentschaft, nachdem ein "unwählbarer" Republikaner die Vorwahl um die Präsidentschaft gewonnen hatte: Donald Trump. (Manuel Escher, 7.8.2022)