Eine Studie zeigt: Schwangere weisen eine deutlich höhere Gefährdung für schwere Covid-19-Verläufe auf.

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Kiel/Linz – Schwangere weisen eine deutlich höhere Gefährdung für schwere Covid-19-Verläufe auf. Aktuellste Daten aus einer deutsch-österreichischen Registerstudie sprechen von einem Anstieg dieses Risikos mit einem Höhepunkt um die 30. Schwangerschaftswoche. Die Omikron-Variante erscheint weniger gefährlich. Die empfohlene Covid-19-Impfung schützt laut den Zahlen gut.

Ulrich Pecks (Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe/Kiel) und die Co-Autoren, unter ihnen Peter Oppelt (Johannes Kepler Universität Linz), haben ihre neue Auswertung jetzt im "Deutschen Ärzteblatt" veröffentlicht. Die Auswertung der Daten aus rund 160 Kliniken in Deutschland und Österreich erfolgte unter besonderer Berücksichtigung von Zeitpunkt der Sars-CoV-2-Infektion (Schwangerschaftswoche 22 und 32) und dem Impfstatus. Berücksichtigt wurden zwei Zeitperioden vom März 2020 bis August 2021 und zwischen Jänner und Juni dieses Jahres.

Daten von 3.481 Frauen

Insgesamt wurden die Daten von 3.481 Frauen ausgewertet. Es ging um die stationäre Aufnahmen infolge von Covid-19, um das Entwickeln einer Lungenentzündung, notwendiger Beatmung, Intensivbehandlung, Todesfälle und Frühgeburten. "Das Risiko war für alle definierten Covid-19-spezifischen Ereignisse bei Erkrankung im ersten Trimester (Schwangerschaftsdrittel, Anm.) gering und nahm mit steigendem Schwangerschaftsalter bis zum frühen dritten Trimester zu", schrieben die Fachleute.

So erhöhte sich die Häufigkeit einer notwendigen Spitalsaufnahme wegen Covid-19 zwischen der 22. und der 32. Schwangerschaftswoche um 40 Prozent. Die Dominanz von Omikron-Infektionen im ersten Halbjahr 2022 verringerte diese Gefährdung im Vergleich zum ersten Beobachtungszeitraum um etwa ein Drittel.

Impfung empfohlen

Der zeitliche Ablauf: In der ersten Erhebungsperiode stieg das Risiko für eine stationäre Aufnahme innerhalb von vier Wochen nach positivem Covid-19-Test von fünf Prozent (erstes Schwangerschaftsdrittel) auf 22 Prozent (drittes Schwangerschaftsdrittel). Das Risiko für eine Covid-19-Pneumonie erhöhte sich von weniger als zwei Prozent auf etwa 14 Prozent (Intensivstation bzw. künstliche Beatmung: von weniger als 0,3 auf sieben Prozent). Von den vier Todesfällen unter den werdenden Müttern entfielen drei auf Frauen im dritten Schwangerschaftsdrittel.

Die Wissenschafter verglichen dann die beiden Beobachtungsperioden (März bis August 2021, Jänner bis Juni 2022). Dabei zeigte sich zunächst, dass die Omikron-Variante von Sars-CoV-2 auch für Schwangere offenbar weniger risikoreich ist. Der von allen Expertengremien angeratene Impfschutz gegen Sars-CoV-2 schlägt zusätzlich zu Omikron zu Buche: Im Vergleich geimpfter Schwangerer gegen ungeimpfte Schwangere verringerte sich das Risiko für eine Spitalsaufnahme im zweiten Beobachtungszeitraum weiter. Die Schutzrate betrug bei ihnen 73 Prozent. Die Wissenschafter fordern jedenfalls vermehrte Anstrengungen zu einer höheren Covid-19-Durchimpfungsrate. Diese betrug unter Schwangeren im Oktober 2021 nur 32,3 Prozent, in der gleichen Altersgruppe von nicht schwangeren Frauen hingegen bereits deutlich mehr als 70 Prozent, betonen die Autoren der wissenschaftlichen Arbeit.

Zahlreiche Behörden, Gremien und internationale Fachgesellschaften (Nationales Impfgremium in Österreich, die US-Zentren für Krankheitskontrolle oder die deutsche Ständige Impfkommission) sowie die EMA empfehlen die Impfung während der Schwangerschaft. Sie soll im zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittel vorgenommen werden. Umfangreiche Anwendungsbeobachtungen von mRNA-Impfstoffen bei Schwangeren haben keine Zunahme unerwünschter Schwangerschaftsausgänge gezeigt.

Omikron-Infektion allein schützt nur "eng"

Eine andere Studie eines österreichisches Wissenschafterteams brachte ebenfalls interessante Erkenntnisse: Die Omikron-Variante (B.1.1.529) ist demnach von den ursprünglichen Erregern von Covid-19 (Wildtyp/Wuhan) der bisher genetisch am weitesten entfernte Typ. Dazu hat das Forscherteam die Immunantwort nach erfolgter Infektion mit den Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 untersucht. Fazit: Eine Ansteckung damit erzeugt nur sehr "engen" immunologischen Schutz. Die Impfung vorher verhilft zu mehr Kreuzimmunität.

Iris Medits vom Zentrum für Virologie der Med-Uni Wien und die Co-Autoren (z. B. von der Infektionsabteilung an der Klinik Favoriten sowie zwei kooperierende niedergelassenen Ärzte in Völkermarkt und in Ramsau) haben die virusneutralisierende Wirkung von Serumproben (Antikörper) von nicht geimpften und geimpften Probanden nach Infektionen mit Omikron BA.1 oder BA.2 eben gegen diese beiden Subtypen, gegen Wildtyp-Viren und gegen die Delta-Variante (B.1.617.2) untersucht. Als "Kontrollgruppe" dienten Serumproben von Personen nach Infektion mit dem ursprünglichen Wuhan-Virus und drei mRNA-Teilimpfungen (mit oder ohne vorhergehende Sars-CoV-2-Infektion).

Die Ergebnisse, wie die Wissenschafter jetzt in der Fachzeitschrift "Frontiers of Immunology" (doi: 10.3389/fimmu.2022.946318) schrieben: "Eine primäre Infektion mit (Omikron, Anm.) BA.1 erzeugte eine verringerte neutralisierende Antikörperantwort gegen das Wildtyp-Virus, gegen die Delta-Variante und gegen Omikron BA.2. Proben von BA.2-infizierten Personen zeigten fast keine Kreuzneutralisierung gegen die anderen Varianten."

Nach dreimaliger Impfung mit einem RNA-Impfstoff war zwar eine neutralisierende Wirkung von Serumproben gegen die beiden Omikron-Subtypen erkennbar, sie war allerdings geringer. Das ist wohl auch der Grund für die vielen Omikron-Infektionen unter Geimpften in den vergangenen Wochen und Monaten. Die Impfung verhindert aber speziell schwerere Krankheitsverläufe.

Die gute Nachricht für die Menschen, die trotz drei Covid-19-Teilimpfungen in den vergangenen Monaten im Rahmen der Omikron-Welle doch noch krank wurden: Eine solche "Durchbruchinfektion" erzeugte laut den Wissenschaftern eine breite kreuzreaktive Immunantwort gegen alle getesteten Virusvarianten.

Wer sich allerdings nach zuvor nicht erfolgter Covid-19-Impfung auf eine Omikron-Infektion als künftigen Schutz gegen Sars-CoV-2 verlassen will, dürfte falsch liegen: Die alleinige Ansteckung damit führt offenbar nur jeweils zu einer "engen" Immunreaktion auf den jeweils für die Erkrankung verantwortlichen Virussubtyp. Im Endeffekt unterstützen diese Forschungsergebnisse den Plan, in zukünftigen Vakzinen sowohl Sars-CoV-2-Wildtyp-Antigene als auch solche von Omikron aufzunehmen. (APA, red, 8.8.2022)