Eine russische Interkontinentalrakete, die mit einem Atomsprengkopf ausgestattet werden könnte.

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Moskau setzt die im Rahmen des New-Start-Abkommens vorgesehenen Inspektionen russischer Militäranlagen durch US-Experten vorerst aus. Die US-Regierung sei über diesen Schritt "offiziell in Kenntnis gesetzt" worden, teilte das russische Außenministerium am Montag mit. Als Begründung für den Schritt wurde unter anderem angeführt, dass Russland durch die vom Westen verhängten Sanktionen seines "Rechts auf Inspektionen auf dem US-Territorium beraubt" worden sei.

Der im Jahr 2010 geschlossene New-Start-Vertrag ist die einzige noch bestehende atomare Abrüstungsvereinbarung zwischen den USA und Russland. Im Februar 2021 hatten sich US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin auf eine Verlängerung bis 2026 geeinigt. Der Vertrag begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder auf je 1.550 einsatzbereite Sprengköpfe und 800 Trägersysteme. Es sind auch gegenseitige Inspektionen von Stützpunkten vorgesehen, auf denen Atomwaffen gelagert sind.

Vorwürfe gegen die USA

Nun aber erklärte Russland, dass seine Stützpunkte von diesen Inspektionen "vorübergehend ausgeschlossen" würden. Moskau sei zu diesem Schritt "gezwungen". Die USA hätten sich bei der Umsetzung von New Start "einseitige Vorteile" verschafft, Russland sei seines "Rechts auf Inspektionen auf dem US-Territorium beraubt" worden, erklärte das Außenministerium.

Das Ministerium verwies auf Reise- und Visa-Schwierigkeiten für die russischen Experten durch die vom Westen gegen Moskau wegen des Militäreinsatzes in der Ukraine verhängten Sanktionen. Zudem gebe es wieder einen Anstieg der Corona-Infektionen in den USA.

Zugleich betonte das Ministerium, dass Russland "die einzigartige Rolle" des New-Start-Abkommens "sehr zu schätzen weiß". Sollten die bestehenden Probleme gelöst sein, werde Moskau seine Entscheidung zur Suspendierung der US-Inspektionen "sofort" wieder rückgängig machen.

Inspektionen ruhen seit März 2020

Bisher hatten beide Seiten pro Jahr bis zu 20 Inspektionen im anderen Land vorgenommen, allerdings ruhen sie aufgrund der Corona-Pandemie seit März 2020 ohnehin.

Am Montag vor einer Woche hatte Biden Russland und China zu Gesprächen über Rüstungskontrollen aufgerufen. Seine Regierung sei bereit zu Verhandlungen über eine neue Rahmenvereinbarung, um das New-Start-Abkommen zu ersetzen. Die Regierung in Moskau müsse sich bereit zeigen, die Arbeit an der nuklearen Rüstungskontrolle mit den USA wiederaufzunehmen, hatte der US-Präsident erklärt.

Die Zeit drängt

Russland selbst erklärte daraufhin einen Tag später, die Zeit für ein neues Abkommen mit den USA zur Kontrolle der Atomwaffen werde knapp. Sollte der New-Start-Vertrag wie vorgesehen 2026 auslaufen und es keinen Ersatz geben, werde die globale Sicherheit geschwächt, teilte das Präsidialamt mit. Russland habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Verhandlungen über ein neues Abkommen so schnell wie möglich aufgenommen werden müssten, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.

Wieder einen Tag später erklärte Russlands Außenminister Sergej Lawrow, die USA hätten noch keine neuen Gespräche über eine Fortsetzung der nuklearen Rüstungskontrolle angeboten. "Sie haben nicht einmal vorgeschlagen, diese Gespräche wiederaufzunehmen", sagte Lawrow am Mittwoch bei einem Besuch in Myanmar der Nachrichtenagentur Tass zufolge. (red, APA, Reuters, 9.8.2022)