Spitzmäuse könnten der Ursprungswirt des Virus sein, jeder vierte Nager trägt den Erreger in sich.

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Am Sonntag trat Chuang Jen-Hsiang, der stellvertretende Direktor von Taiwans Centers for Disease Control, mit einer schlechten Nachricht vor die lokale Presse: Es ist ein neues Virus ausgebrochen. In China wurde das neuartige Lengya-Henipavirus zum ersten Mal festgestellt. Bisher hätten sich mindestens 35 Menschen mit dem Virus infiziert, laut "Taipei Times" seien vor allem die Regionen Shandong und Henan betroffen.

Bisher keine Übertragung von Mensch zu Mensch

Viele mag das an die Anfänge der Corona-Pandemie erinnern, aber Fachleute geben Entwarnung. Das neu entdeckte Virus sei dem Coronavirus zwar in vielen Punkten sehr ähnlich, allerdings unterscheidet sich das Langya-Henipavirus in einem entscheidenden Punkt von Sars-CoV-2: Es kann wohl nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Der stellvertretende Direktor der taiwanischen Behörde betont, dass die 35 Infizierten keinen engen Kontakt miteinander gehabt hätten. Auch durch eine Rückverfolgung der Kontakte konnte bisher keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung nachgewiesen werden. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch kann zwar noch nicht final ausgeschlossen werden, wird aber demnach als sehr selten angenommen.

Vielmehr soll das Virus vom Tier auf den Menschen überspringen, von Hunden, Ziegen und vor allem Spitzmäusen. Eine Untersuchung von Haus- und Nutztieren habe ergeben, dass zwei Prozent der getesteten Ziegen und fünf Prozent der getesteten Hunde positiv waren. Spitzmäuse stehen als Ursprungswirt des Virus im Verdacht, der Erreger wurde bei 27 Prozent der untersuchten Spitzmäuse gefunden.

Erreger kann zu Organversagen führen

Todesfälle habe es bei den bisher 35 Infizierten noch nicht gegeben, aber der Erreger könnte laut Studien "tödliche Krankheiten" verursachen, wie Wissenschafter und Wissenschafterinnen im "New England Journal of Medicine" schreiben. Den Fachleuten zufolge gehört der Erreger zur Familie der Paramyxoviren, die so wie das Coronavirus durch Tröpfcheninfektion übertragen werden. Diese Paramyxoviren gehören wiederum zu den sogenannten Negativstrang-RNA-Viren, die tödliche Verläufe hervorrufen können.

Jede dritte infizierte Person leidet laut der Studie bei einer Infektion an Leberversagen, bei acht Prozent der Patientinnen und Patienten wurde Nierenversagen festgestellt. Weitere Symptome sind unter anderem Fieber, Müdigkeit, Husten und Appetitlosigkeit.

Das Wissen zur Ausbreitung ist trotz Studien wie dieser noch sehr begrenzt, weil es noch kein standardisiertes Testverfahren zur Identifizierung des Virus gibt. Es sei deshalb, so Chuang von den Taiwan Centers for Disease Control, für Labore noch nicht möglich, eine Infektion bei Menschen und eine etwaige Ausbreitung des Virus nachzuweisen. (poem, 9.8.2022)