Aus der Mojave-Wüste hat es die Kalifornische Kettennatter weit hinaus in die Welt geschafft, zuletzt bis nach Baden-Württemberg.

Foto: Imago/Jack Goldfarb

Sie wird gut eineinhalb Meter lang, ist dunkelbraun mit gelblichen Streifen und hat es aus Mexiko und dem Südwesten der USA erfolgreich nach Europa geschafft: Seit Anfang August steht die Kalifornische Kettennatter (Lampropeltis getula californiae) auf der Unionsliste der invasiven Arten. Darauf werden "gebietsfremde Spezies" gelistet, die sich in der EU verbreitet haben und als Bedrohung europäischer Ökosysteme gelten. Für sie gilt EU-weit ein Handels- und Nachzuchtverbot. Nun wurde die Kettennatter wiederholt in Deutschland nachgewiesen, Umweltschützer warnen vor Gefahren für die Artenvielfalt.

Für Menschen ist die Schlange, die sich von kleinen Säugern, Vögeln und Reptilien ernährt, ungefährlich. Welchen ökologischen Schaden sie aber anrichten kann, zeigt sich eindrucksvoll auf der spanischen Kanareninsel Gran Canaria: Dort hat sich die Kettennatter seit Ende der 1990er-Jahre explosionsartig ausgebreitet und zahlreiche heimische Reptilien an den Rand des Aussterbens gedrängt.

Funde in Baden-Württemberg

Kürzlich wurden zwei Kettennatter-Exemplare im deutschen Bundesland Baden-Württemberg entdeckt. Eine mögliche Ausbreitung könnte vor allem heimischen Eidechsen wie der Smaragdeidechse und der Zauneidechse zum Verhängnis werden, zitierten deutsche Medien Hubert Laufer vom Verein für Amphibien- und Reptilien-Biotopschutz. Ob sich die Schlange dauerhaft in Deutschland etablieren könne, sei zwar noch unklar. "Aber bei den zu beobachtenden klimatischen Veränderungen wäre es durchaus denkbar, hier ist es ja teils sogar wärmer als auf den Kanaren", sagte Laufer.

Für Phillip Haubrock vom Frankfurter Senckenberg-Forschungsinstitut Gelnhausen kommen die jüngsten Funde nicht unerwartet. "Bedenkt man, dass diese Art in der europäischen Terrarienhaltung weit verbreitet ist, würde es mich nicht überraschen, wenn wir öfter von solchen Funden hören", sagte Haubrock zur Deutschen Presse-Agentur DPA. Die Haltung der Tiere bleibt auch weiterhin erlaubt, Zucht und Handel sind durch die Aufnahme in die Unionsliste jedoch künftig untersagt. Durch die aktuell stark gestiegenen Energiepreise könnten aber absichtliche Freilassungen durch Hobbyhalter noch zunehmen, befürchtet Haubrock. Eine rasante Ausbreitung wie auf den Kanaren sei jedoch sehr unwahrscheinlich: Die Tiere werden erst nach einigen Jahren geschlechtsreif, und wie gut sie die Wintersaison in Deutschland überstehen können, sei fraglich.

Teure ökologische Schäden

Dass frühzeitige Maßnahmen gegen eine Ausbreitung invasiver Arten nicht nur ökologisch sinnvoll sein können, hat Haubrock mit Kolleginnen und Kollegen erst unlängst in einer Studie im Fachjournal "Science of the Total Environment" gezeigt: Die Kosten der Schäden, die durch invasive Arten verursacht werden, sind demnach mindestens zehnmal so hoch wie die Ausgaben, die für ihre Bekämpfung notwendig wären. Durch Vorsorgemanagement könnte laut Haubrock und Kollegen weltweit eine Billion Euro eingespart werden.

"Wenn wir die Auswirkungen invasiver Arten auf die Umwelt erkennen, haben sie sich oft schon fest eingebürgert und weit verbreitet", sagte der Forscher. Im Fall der folgenreichen Ausbreitung der Kalifornischen Kettennatter auf Gran Canaria ist der Schaden trotz massiver, von der EU geförderter Anstrengungen kaum noch zu begrenzen: Mehrere Eidechsenarten wie die Gran-Canaria-Rieseneidechse und der Kanarenskink sind von der Insel schon nahezu verschwunden. (dare, 10.8.2022)