Die Cofag kommt im Rohbericht des Rechnungshofs nicht gut weg, das Finanzministerium will dessen Empfehlungen umsetzen.

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Die Gesellschaft trägt den sperrigen Namen Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH, besser bekannt ist sie unter ihrer Abkürzung Cofag. Das staatliche Unternehmen, eine Tochter der ebenfalls bundeseigenen Bankenabbaugesellschaft Abbag, ist für die Abwicklung der sogenannten Covid-Hilfen zuständig – und war seit seiner Gründung nach der Verhängung des ersten Lockdowns im März 2020 voll ausgelastet. Nur ein paar Zahlen: Bearbeitet haben die Cofag-Mitarbeiter rund 1,3 Millionen Anträge auf Zuschüsse wie Umsatz- oder Verlustersatz, Ausfallbonus und Fixkostenzuschuss, 14 Milliarden Euro wurden bisher ausbezahlt und weitere Förderungen im Volumen von 5,5 Milliarden ermöglicht.

Im Vorjahr hat sich der Rechnungshof der Cofag angenommen, fast ein Jahr haben seine Prüfungen gedauert. Die Kontrollore haben sich zwei Schwerpunkte gesetzt: die Errichtung der Cofag und ihre Besetzung, Organisation und Finanzierung sowie die Prüfung der Zuschüsse an Unternehmen "hinsichtlich inhaltlicher Gestaltung, ihres quantitativen Umfangs und – soweit bereits möglich – ihrer Wirksamkeit sowie Effizienz und Raschheit" ihrer Abwicklung, wie es im 196-seitigen Rohbericht heißt. Geprüft wurde die Zeit von Gründung der Cofag im März 2020 bis Juni 2021. Der Rohbericht liegt dem STANDARD vor, Finanzministerium, Abbag und Cofag haben bereits Stellungnahmen dazu abgegeben, der Endbericht ist in Arbeit.

Kein gutes Zeugnis

Das Zeugnis, das die staatlichen Kontrollore dem damals von Gernot Blümel geführten Ministerium und allen anderen Beteiligten ausstellen, ist allerdings kein gutes; die Prüfer zerpflücken vor allem die Entstehungsgeschichte der Cofag, die Bestellung von Geschäftsführer Bernhard Perner und dessen Bezahlung. Der vormalige Kabinettsmitarbeiter im Finanzministerium und spätere (und heutige) Geschäftsführer der Abbag hatte Doppel- und vorübergehend Dreifachfunktionen inne, war er doch vorübergehend auch leitender Angestellter in der staatlichen Beteiligungsholding Öbag und eben auch einer von zwei Geschäftsführern der Cofag. Entsprechend hat sich sein Einkommen erhöht –Themen, die auch schon im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss erörtert worden sind.

Vereinfacht nacherzählt, vermisst der Rechnungshof bei diesen Fragen die Einhaltung der Corporate Governance – und vor allem Abstand. Auch bei der Besetzung des Aufsichtsrats sei es zu "personellen und institutionellen Vermischungen der Sphären" gekommen, die eigentlich getrennt gehörten.

Cooling-off-Phase

Da sei die formelle Ebene der Governance "in einem Spannungsverhältnis" zur informellen Ebene gestanden. Die sei durch lange Arbeitsbeziehungen "der maßgeblichen Akteure" im Kabinett des Finanzministers, im Umfeld der Abbag und der Hypo-Alpe-Adria-Abbaugesellschaft Heta geprägt gewesen. Kurzum: Diese "maßgeblichen" Leute haben einander schon lang gekannt. Was die Prüfer kritisch sehen: Da hätten Personen (wie eben Perner; Anm.), die später in die Geschäftsführung der Cofag und in ihren Aufsichtsrat kommen sollten, schon "im Vorfeld der Gründung" der Cofag Einfluss auf die Gestaltung von deren Rahmenbedingungen genommen. Etwa auf die Abbag-Gesetzesnovelle, die es für die Gründung der Cofag brauchte, oder auf den Gründungsauftrag des Ministers. Empfehlung des Rechnungshofs: Man solle eine Cooling-off-Phase für solche Personen überlegen.

An dieser Stelle werden Erinnerungen an die Öbag wach – in deren Entstehung ja der Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, massiv involviert war – dessen erklärtes Ziel es war, Öbag-Alleinvorstand zu werden, was ihm ja auch gelingen sollte.

Doppelrolle stand im Weg

Die Doppelrolle Perners in der Abbag und ihrer Tochter Cofag sorgte laut Rohbericht gleich in der ersten Eigentümerversammlung der Cofag für Probleme. Als Abbag-Chef habe er diese vertreten und bei seiner eigenen Entlastung als Cofag-Chef daher nicht mitstimmen dürfen, zudem habe er bei der Entlastung des Aufsichtsrats einen Interessenkonflikt gehabt – weswegen gleich bei der ersten Cofag-Generalversammlung die Entlastung wieder von der Tagesordnung genommen werden musste. Abbag, Cofag und Finanzministerium hätten in der Folge vier rechtliche Stellungnahmen eingeholt, bevor die Beschlüsse für die Entlastung dann erst im August 2020 gefasst werden konnten.

Schon die Ausschreibung und die Bestellung der Geschäftsführung der Cofag hätten zehn Monate gedauert, allein bis die Unterschrift des Ministers unter den Bestellungsvorschlag herbeigeschafft war, habe es vier Monate gedauert. Und, so die staatlichen Kontrollore, laut "vagem" Ausschreibungstext sei von den Bewerbern weder Erfahrung in Abwicklung von Garantien noch Zuschüssen verlangt gewesen.

Perner griff zu seinem Netzwerk

Perner, seit diesem Juni nur noch Abbag-Geschäftsführer, gesteht zu, dass es bis zum Abschluss des ersten Vertrags sehr lang gedauert habe, es sei damals aber auch eine extrem herausfordernde Zeit gewesen, und führt Ministerwechsel, Expertenregierung und Pandemie an, es sei eine gewisse Dramatik entstanden. Dass im Cofag-Aufsichtsrat vor allem Banker saßen, was der Rechnungshof auch kritisch anmerkt, erklärt er mit der Entstehungsgeschichte der Cofag. Man habe nämlich zunächst banknahe Haftungsinstrumente als Hilfe für Unternehmen etablieren wollen, deswegen habe es Sinn gemacht, Banker in den Aufsichtsrat zu setzen, neben Steuerjuristen und Risikomanagern. Und: "Der Aufsichtsrat hat sich verdient gemacht", man habe sehr oft über Anträge nachverhandelt.

Die "Sphären-Vermengung", also die Involvierung der immer selben Personen wie bei Abbag, Heta oder Öbag und bestimmter Anwälte, erklärt der Manager so: Man habe schnell etwas auf die Beine stellen müssen, und er habe sich daher an jene Leute gewendet, mit denen er schon in der Finanzkrise gut zusammengearbeitet und gute Erfahrung gemacht habe. Rechtlich sei das aber alles in Ordnung und gedeckt gewesen.

Prüfer empfehlen Rückforderung

Sehr viel Raum widmen die Prüfer der Mehrfachbezahlung des einstigen Abbag-, Öbag- und Cofag-Managers. Penibel rechnen sie vor, wann er wie viel verdient hat und was durch die verschiedenen Jobs zusammenkam bzw. aufgund von Vorschriften nicht hätte zusammenkommen dürfen. Ihre Schlussfolgerung: Von April 2019 bis März 2020 habe Perner in Summe 430.000 Euro brutto verdient, um 80.000 Euro zu viel, weil ausgemacht gewesen sei, dass er wegen seiner "Nebenbeschäftigung in der Öbag" in der Abbag um 80.000 Euro weniger hätte verdienen sollen. Empfehlung des RH: Man solle prüfen, diesen Betrag zurückzufordern.

Dieselbe Empfehlung richten die Prüfer an Abbag und Cofag für jene rund 117.000 Euro, die der Manager von April bis Dezember 2020 für seinen Interimsvertrag bei der Cofag bezog. Diese Summe sei gemäß Konzernklausel (kein Entgelt für Tätigkeit in der Tochtergesellschaft) eigentlich nicht zugestanden.

"Jeder wusste, was ich tat"

Was sagt Perner dazu? Er geht davon aus, dass alle Verträge rechtlich korrekt seien. Der Abbag-Aufsichtsrat habe aber bereits eine unabhängige Prüfung eingeleitet, nach deren Ergebnis er sich richten werde, "allenfalls zahle ich auch zurück". Und, so der Manager: "Jeder hat gewusst, was ich tue, kannte die Verträge, die zu den Zahlungen führten, und ich habe sehr viel gearbeitet und war erfolgreich."

Kritik übt der RH auch an der Abwicklung der "Zuschussinstrumente", etwa daran, dass das Ministerium den Zuschussbedarf an die Branchenzugehörigkeit geknüpft habe und Kosten bevorschusst habe, die nicht oder kaum angefallen sind. Zum Teil sei es bei den Förderanträgen zu einem "beträchtlichen Rückstau" gekommen, und die Komplexität etwa durch die stete Erhöhung der Zahl der Förderinstrumente und Anträge habe zu Fehleranfälligkeiten geführt. Das habe auch die Gefahr von Überförderung mit sich gebracht.

16,2 Millionen für Handelskonzern

Unter den zehn größten Zuschussempfängern fanden sich laut Rohbericht übrigens vier Bergbahn-Gesellschaften. Und weil Konzerne für ihre unabhängigen Töchter Zuschüsse bekommen konnten (nur nicht den Fixkostenzuschuss I), kassierte ein Handelsbetrieb mit 47 Töchtern, in Summe 16,2 Mio. Euro. Fast ein Fünftel aller Unternehmen musste sich mit weitaus weniger begnügen: mit weniger als 2.500 Euro.

Das Finanzministerium zeigt sich auf Anfrage gelassen. Die Regierung habe nach Ausbruch der Pandemie rasch reagiert und das Fortbestehen hunderttausender Unternehmen gesichert. Die Arbeit der Cofag habe sich bewährt. Kritik, Kommentare und Empfehlungen des RH "werden natürlich umgesetzt". ( Renate Graber, 9.8.2022)