Die Leute wollen nichts mehr arbeiten, der Hedonismus treibt sie in Teilzeitjobs. So sieht Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker offenbar die Welt. Seine Wahrnehmung ist verzerrt, damit blendet er die Realität in der Arbeitswelt aus. Teilzeit muss man sich erst einmal leisten können, vor allem seitdem die Lebenshaltungskosten explodieren. Keine Wahlfreiheit hat, wer Kinder oder Angehörige betreuen muss.

Teilzeit muss man sich erst einmal leisten können.
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Auch das Bild der sozialen Hängematte ist falsch. Ein Großteil der Langzeitarbeitslosen ist armutsgefährdet. Wer zumutbare Stellen ablehnt, riskiert empfindliche Leistungskürzungen. Von der gesellschaftlichen Stigmatisierung, die mit fehlenden vernünftigen Jobs einhergeht, nicht zu reden.

Dass der Mangel an Personal Betriebe vielerorts stärker belastet als die starke Teuerung, ist unbestritten: Seit Corona haben viele Arbeitnehmer Branchen wie Gastronomie und Handel den Rücken gekehrt. Sie fanden familienfreundlichere oder besser bezahlte Jobs, in denen keine Kurzarbeit droht, mit klaren Dienstplänen, ohne Abend- und Wochenendschichten.

Einem Teil der Österreicher erlauben es gute Ausbildung und geringere finanzielle Ansprüche, beruflich vom Gas zu steigen und auf eine Viertagewoche umzusatteln. Die Pandemie hat Arbeitswelten durcheinandergewirbelt und den Wertewandel beschleunigt. Politik und Wirtschaft müssen darauf reagieren, anstatt wehleidig die Faulheit der Mitarbeiter zu beklagen. (Verena Kainrath, 9.8.2022)