Johann Fuchs, Leiter der OStA Wien, vor dem Landesgericht Innsbruck

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Hinter der Justiz liegen drei sehr harte Jahre. Viel ist passiert, seit die Aufnahme einer internen Dienstbesprechung im April 2019 nach außen drang und nie dagewesene Scharmützel begannen. Sektionschef Christian Pilnacek und Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, überlegten, wie sie eine Schmutzkübelkampagne gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) anlegen könnten. Pilnacek fantasierte von der Observation einzelner Oberstaatsanwälte; Fuchs ließ sich via Whatsapp brühwarm Interna von einer WKStA-Mitarbeiterin berichten, bevor diese in die Kanzlei des legendär WKStA-kritischen Anwalts Manfred Ainedter wechselte.

Jetzt stehen Pilnacek und Fuchs vor den Trümmern ihrer Karriere: Der eine ist rechtskräftig suspendiert und Beschuldigter in einigen Ermittlungen; der andere wurde erstinstanzlich vom Landesgericht Innsbruck verurteilt, weil er das Amtsgeheimnis verletzt und falsch vor dem U-Ausschuss ausgesagt hat. Dagegen will Fuchs berufen, das ist sein gutes Recht – und Pilnacek hatte in einem ähnlich gelagerten Prozess einen rechtskräftigen Freispruch erhalten.

Verantwortung eindeutig

Die WKStA hat ihre Position dadurch zwar gefestigt, die Verwundungen sind aber groß – und unschuldig an dem Konflikt war die Behörde auch nicht. Die Anzeige gegen eine "Presse"-Journalistin war idiotisch, die wohl aus Reihen der WKStA geleakte Tonaufnahme einer Eurofighter-Dienstbesprechung der Beginn der ganzen Misere. Allerdings muss man eines glasklar festhalten: Summa summarum liegt die Verantwortung für die Eskalation bei Pilnacek und Fuchs. Unter heftigstem politischem Druck wegen Korruptionsermittlungen gegen die Kanzlerpartei ÖVP haben sie sich als Vorgesetzte nicht an die Seite der Staatsanwälte gestellt, sondern gegen sie intrigiert.

Falsch ist es, diesen Konflikt ausschließlich als Streit einzelner Personen zu betrachten. Pilnacek und Fuchs stehen für eine große Fraktion innerhalb der Justiz; auch die WKStA genießt weit über die Behörde hinaus Sympathie. Daher ist es für das Fortkommen der Justiz nötig, das Kriegsbeil zu begraben. Es braucht eine Art von ministeriumsinterner Amnestie.

Rote Linien überschritten

Dass Fuchs trotz erstinstanzlicher Verurteilung Leitender Oberstaatsanwalt bleibt, ist dabei kaum vorstellbar. Der Burgenländer ist ein sehr guter Jurist, der zuletzt durchaus reflektiert wirkte. Er sollte ein Angebot erhalten, seine Kompetenzen an anderer Stelle einzusetzen. Die Vernichtung seiner Karriere würde niemandem etwas bringen. Pilnacek hingegen hat diese Chance vergeben: Er hat nicht akzeptiert, dass ihm Justizministerin Alma Zadić quasi die Aufsicht über Staatsanwaltschaften entzogen hat, ihm dafür aber die Legistik ließ. Trotz seiner neuen Aufgabe eskalierte er den Konflikt weiter. Leider, denn prinzipiell ist Pilnacek rechtlich hochbegabt. Menschlich ist ihm zu wünschen, dass er die Vorgänge verarbeitet und anderswo Erfüllung findet.

All die Verbündeten von Pilnacek und Fuchs müssen einsehen, dass die beiden – und vor allem Erstgenannter – viele rote Linien überschritten haben. Ja, die WKStA mag rechthaberisch, stur und widerspenstig sein. Aber wollen wir eine Antikorruptionsbehörde, die leicht steuerbar ist? Umgekehrt muss die WKStA daran arbeiten, ihr nach all den Vorgängen verständliches Misstrauen gegen die Fachaufsicht abzulegen. Denn eines scheint leider klar: Die Korruptionsermittlungen werden in den nächsten Monaten nicht weniger werden. (Fabian Schmid, 11.8.2022)