Die Bachmann-Preisträgerin Sharon Dodua Otoo wird die Eröffnungsrede der IDT halten.

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Sprache verändert Wirklichkeiten. Sie prägt die Sicht auf die Welt und ist eine der Grundvoraussetzungen für Verständigung und friedliches Zusammenleben – gerade in Zeiten von Konflikten und Krieg. Mehr als ein Kommunikationsmittel, wirkt sie in allen Bereichen und steht in besonders enger Verbindung zu Kultur und Identität. Ebendiese Verbindung will das Kulturprogramm der Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer (IDT) würdigen, die von 18. bis 20. August in Wien stattfindet.

Unter dem Motto "*mit.sprache.teil.haben" wird die Tagung dieses Jahr das zweite Mal (zuletzt 1989) in die Bundeshauptstadt geholt – an die 2.800 Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer aus 110 Ländern werden erwartet. Neben dem wissenschaftlichen Austausch zum Lehren und Lernen der deutschen Sprache in mehrsprachigen Gesellschaften will die Veranstaltung vor allem vernetzen. Mit dem Ziel, "die Vielfalt der Gesellschaft zu zeigen und damit ihrer Diversität gerecht zu werden", laden unterschiedliche kulturelle Veranstaltungen zum Dialog ein, sagt Renate Faistauer von der Universität Wien.

Schreiben, Sprache, Identität

Wenn es darum geht, die richtigen Worte zur Eröffnung zu finden, ist die Bachmann-Preisträgerin und Aktivistin Sharon Dodua Otoo sicher die richtige Wahl. Mit ihrer humorvoll-gesellschaftskritischen Rede "Dürfen Schwarze Blumen malen?" regte sie schon bei der Eröffnung des Bachmannpreises 2020 zum Austausch über einen respektvollen Umgang mit der deutschen Sprache an. Nach ihrem vielbeachteten deutschsprachigen Debütroman "Adas Raum" legte die Autorin diesen Sommer mit der Anthologie "Herr Göttrup setzt sich hin" nach, in der auch die erwähnte Rede publiziert wurde. Für die Öffentlichkeit zugänglich kann Otoos Ansprache bei der IDT im kostenlosen Livestream verfolgt werden.

Fragen nach dem Umgang mit Mehrsprachigkeit und Identität widmen sich auch die Autorinnen Melinda Nadj Abonji, Nava Ebrahimi und Olga Grjasnowa in einer DACH-Lesung. Die drei preisgekrönten Schriftstellerinnen mit Lebensmittelpunkt in Österreich, Deutschland und der Schweiz reflektieren am 16. August mit dem Germanisten Stefan Krammer über verschiedene poetische Zugänge, die eine sprachliche Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen.

22 Kurzfilme haben es auf die Shortlist des IDT-Wettbewerbs geschafft.
Kurzfilmwettbewerb IDT 2022

Neben einem Poetry-Slam-Wettbewerb und Impro-Theater steht dieses Jahr zum ersten Mal auch ein internationaler Kurzfilmwettbewerb auf dem Programm. Aus 145 Einsendungen hat die Fachjury eine Shortlist aus 22 Filmen zusammengestellt. Mal humorvoll, mal poetisch bieten sie einen Einblick in unterschiedliche Konstellationen des Sprachenlernens. Die Filme können ab 14. August über den Youtube-Kanal der Tagung angesehen werden.

Obwohl das Lernen von Sprachen gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, sind Sprachen oft auch Instrument der Ausgrenzung. Während manche Sprachen gefördert werden, werden andere unterdrückt oder auch verboten. Ganz nach dem Motto "*mit.sprache.teil.haben" wird die Veranstaltung mit einem Plädoyer für Sprachengerechtigkeit vom Germanisten Hans-Jürgen Krumm zu Ende gebracht: Mehrsprachigkeit sei eine Voraussetzung dafür, dass Menschen in einer vielsprachigen Welt ohne Diskriminierung zusammenleben können. Als Träger von Kultur ist Sprache damit auch wichtiger Beitrag zur kulturellen Vielfalt. (Laura Kisser, 12.8.2022)