Auch die Ems im deutschen Naturschutzgebiet bei Greven in Nordrhein-Westfalen ist von akutem Wassermangel betroffen.

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Wien / Mainz / St. Goarshausen / Bregenz – Die Kombination aus trockenem Winter und von Hitzewellen und Dürre geprägtem Sommer hat europaweit für beunruhigende Flusspegelstände gesorgt. Diese Entwicklung hat negative Auswirkungen auf den Frachtverkehr und die Stromproduktion in Flusskraftwerken. Im Rhein kämpfen Fracht- und Personenschiffe seit Wochen mit Niedrigwasser. Am Donnerstag ist der Pegelstand im Vergleich zum Vortag um weitere fünf Zentimenter gesunken. Laut Prognose der deutschen Behörde wird sich der Pegelstand auch weiterhin verringern.

Trotz anhaltender Trockenheit können Schiffe nach Einschätzung des Präsidenten der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt dieses Jahr durchgehend auf dem Rhein fahren. Er rechne nicht mit einer Einstellung des Schiffsverkehrs auf dem Fluss. Allerdings könnten die Schiffe bei niedrigem Wasserstand erheblich weniger Fracht transportieren – und irgendwann wird der Transport unwirtschaftlich. Dies erschwere auch den Transport von Kohle und Öl auf dem Rhein. "Da muss dann viel über Straße und Schiene laufen."

Herausforderung Stromproduktion

Die Trockenheit in großen Teilen Europas reduziere laut Energieagentur-Geschäftsführer Franz Angerer die Erzeugung in den Flusskraftwerken. Zudem seien in Frankreich viele Atomkraftwerke wegen technischer Mängel nicht in Betrieb, andere müssten gedrosselt werden, weil die für die Kühlung benötigten Flüsse zu wenig Wasser führen oder zu warm sind. "Fehlende Erzeugungskapazitäten treiben die Preise weiter in die Höhe", so Angerer.

Österreich sei mit seinem starken Fokus auf Wasserkraft "noch gut aufgestellt", müsse sich aber auf zukünftige Mangel-Szenarien besser einstellen, sagte der Wasserbauexperte Christoph Hauer zur APA. Noch sind jene Gletscher in den Alpen vorhanden, die einen erheblichen Anteil dazu beitragen. Wenn diese aufgrund der Klimakatastrophe weiterhin so rasch schwinden, wird sich allerdings auch deren Beitrag in Zukunft verringern.

Donau so niedrig wie im Jänner

Die beständige Trockenheit lässt auch den Pegel des Bodensees weiter und weiter abfallen. Am Freitag ergab die Messung in Bregenz einen Stand von 313 Zentimeter, das bedeutete den drittniedrigsten je an einem 12. August gemessenen Wert. Der Trend zu Niedrigwasser sei seit den 2000er-Jahren verstärkt feststellbar, so die Abteilung Wasserwirtschaft des Landes. Zu größeren Einschränkungen führt der aktuelle Pegelstand allerdings noch nicht. Die Schweizerische Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein AG (URh) verkehrt im Niedrigwasser-Fahrplan.

An der Donau zeige sich derzeit eine "Niederwasser"-Situation, "wie sie normalerweise erst im Jänner auftritt", so der Wissenschafter vom Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Bricht einmal diese Wasser-Basis für die großen Flüsse beispielsweise durch weitere Gletscherschmelze hierzulande weg, drohe man in sehr niedrige Flusspegel-Bereiche zu geraten.

Die Stromerzeugung mit Wasserkraft könnte wegen zukünftiger Trockenperioden öfter in Engpässe geraten, weswegen sich der Forscher für vermehrtes Energiesparen ausspricht. Die Wissenschaft sei gefragt, Szenarien für die Politik zu entwickeln, anhand derer man "Klimanotfallpläne" erarbeiten kann. Letztlich hängen die Energiewirtschaft, die Landwirtschaft, die Wasserversorgung oder auch der Tourismus stark von den heimischen Gewässern ab. (red, APA, 12.8.2022)