Wien – Die Österreichische Hagelversicherung und die Universität für Bodenkultur (Boku) warnen vor großen Schäden durch anhaltende Dürre in Österreich. Nicht nur ausbleibende Niederschläge, sondern auch die Bodenversiegelung machen der österreichischen Landwirtschaft schwer zu schaffen, so Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung bei einem Pressegespräch. In den letzten zehn Jahren seien bereits Dürreschäden in der Höhe von einer Milliarde Euro entstanden.
Zwar habe man bei der Getreideernte heuer Glück gehabt, da es hierfür noch ausreichend Niederschlag gegeben habe, jedoch seien die Erwartungen für die Ernte der Herbstkulturen trüb. Ausschlaggebend seien Niederschlagsdefizite, die heuer vor allem im Osten und Südosten Österreichs hoch seien. Aber auch der Bodensee im Westen Österreichs ist lediglich elf Zentimeter von seinem historischen Tiefststand entfernt, erklärt Helmut Habersack, Leiter des Instituts für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung an der Boku.
Heuer bereits 100 Millionen Euro Schaden
Neben den Niederschlagsdefiziten seien die Dürreschäden auch auf den Anstieg von Hitzetagen (Tage mit über 30 Grad Celsius, Anm.) zurückzuführen. Heuer habe es bereits 32 solcher Hitzetage gegeben, in den 1980er- und 1990er-Jahren seien drei bis fünf Hitzetage jährlich üblich gewesen. Folglich nehmen auch die sogenannten Dürrejahre zu – vor wenigen Jahrzehnten gab es ein solches nur rund alle zehn Jahre, mittlerweile sei jedes zweite ein solches.
Die daraus folgenden Schäden prognostiziert die Österreichische Hagelversicherung mit Stichtag 12. August auf 100 Millionen Euro. Damit betragen die Dürreschäden der vergangenen zehn Jahre rund eine Milliarde Euro. "Die Landwirtschaft ist das größte Klimaopfer", so Weinberger. Bedroht werde die Landwirtschaft auch von der Zubetonierung von Agrarflächen, die in den vergangenen 25 Jahren rund 150.000 Hektar betragen habe – das sei die Größe der Agrarfläche des Burgenlands. "Unsere Kinder werden die letzte Generation sein, die noch eine produzierende Landwirtschaft erleben können", so der Ausblick Weinbergers in Anbetracht dieser Probleme. Das betreffe die gesamte Gesellschaft, denn "von Beton können wir nicht abbeißen."
Warnung vor Mikroplastik bei Zuleitung in Neusiedler See
Zu der vom Land Burgenland geplanten Zuleitung der Moson-Donau in den Neusiedler See, gegen die vor allem Umweltschutzorganisationen Sturm laufen, sagt Habersack, dass es nachvollziehbar sei, dass man Maßnahmen zur Sicherung des Grundwassers und des Wasserstands überlegt, diese müssten aber wohlüberlegt sein. Für Habersack müssten vor der Umsetzung noch viele Fragen geklärt und Untersuchungen durchgeführt werden. Eine Wasserzuleitung der Moson-Donau in den Neusiedler See bringe auch Risiken mit sich. Beispielsweise die einhergehende Einfuhr von Mikroplastik und Schwebstoffen, die mit dem Wasser kommen. Die Begutachtungen müssten zeigen, wie viel Mikroplastik in der Moson-Donau ist und damit auch in den Neusiedler See kommt.
Bei der Bewässerung braucht es laut Habersack eine Modernisierung, beispielsweise mit innovativen Technologien, die nicht großflächig, sondern gezielt die Pflanzen bewässern. Auch der Zeitpunkt der Wasserzufuhr sei entscheidend. Es gebe mehrere angedachte Methoden, unter anderem das Speisen von Beregnungsteichen bei Überwasser im Frühjahr. Diese könnte man dann in trockenen Zeiten nutzen. Der Neusiedler See profitiere aber hauptsächlich vom Niederschlag. Fast 80 Prozent machen laut Habersack die Niederschläge aus, 20 Prozent Zuflüsse.
Industrie verantwortlich für zwei Drittel des Grundwasserverbrauchs
Weinberger betont, dass rund 70 Prozent des österreichischen Grundwasserverbrauchs, der rund eine Billion Liter jährlich betrage, der Industrie zuzurechnen seien. Da Haushalte 13 Prozent und das Gewerbe elf Prozent des Verbrauchs ausmachen würden, komme die Landwirtschaft auf lediglich vier Prozent der jährlichen österreichischen Nutzung.
In Bezug auf die Bodenversiegelung spart Weinberger nicht mit Kritik an der Politik. Das 2002 gesetzte Ziel, pro Tag maximal 2,5 Hektar zu verbauen, habe man "weit verfehlt". Aktuell betrage die Bodenversiegelung mit 11,5 Hektar pro Tag fast das Fünffache dessen. Mit dem Tempo der Bodenversiegelung der letzten zehn Jahre gebe es in 200 Jahren keine Agrarflächen in Österreich mehr, so Weinberger. "In Wahrheit müsste man einen Baustopp auferlegen", um die "grob fahrlässige Zerstörung Österreichs durch Verbauung zu stoppen". Die Kompetenz hierfür liege allerdings bei den Ländern, nicht beim Bund. (APA, 12.8.2022)