Jana Brysch von Prombits präsentiert das "Bitblaze Titan".

Foto: VK, Jana Brysch, Bitblaze

Sanktionen und Embargos schneiden Russland seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine vom Zugang zu westlichen Produkten ab. Deshalb ist man dort jetzt gezwungen auf eigene Entwicklungen zurückzugreifen. Eine solche ist das "Bitblaze Titan" genannte Modell eines Notebooks. Wie Heise Online recherchiert hat, hat die Prombit-Tochter Bitblaze mit der Vorserienproduktion der ersten selbst entworfenen Notebooks begonnen. Wahrscheinlich kommt neben russischer auch chinesische Technik zum Einsatz.

Ein ARM Prozessor der russischen Firma Baikal Electronics bildet das Herzstück: Der BE-M1000 verwendet zwar acht CPU-Kerne, deren Cortex-A57-Design von ARM aber noch aus dem Jahr 2012 stammt. Kombiniert mit Taktfrequenzen von 1,5 GHz dürfte der Prozessor für ein Notebook-Design ziemlich langsam sein, so der Bericht.

Die Grafikeinheit ist fast ein Jahrzehnt alt

Als Grafikkarte kommt die integrierte Mali-T628-GPU in dem russischen Notebook zum Einsatz. Diese wurde erstmals im Herbst 2013 vorgestellt und wurde damals hauptsächlich in Smartphones und Tablets von Samsung und vereinzelt in Modellen von Huawei verwendet. Die Mali-GPU galt als schnellste Grafiklösung für Smartphones und Tablets – vor neun Jahren.

Der taiwanesische Chipauftragsfertiger TSMC produzierte laut Recherchen von Heise die BE-M1000-Prozessoren ab 2021 mit veralteter 28-Nanometer-Technik. Zum Vergleich: Die bald erscheinenden Prozessoren der Ryzen 7000-Serie von AMD sollen in 5 Nanometer gefertigt sein.

Die kaufmännische Leitung der Bitblaze-Mutter Prombits Jana Brysch berichtet auf dem russischen sozialen Medium VK von einer Akkulaufzeit des Notebooks von fünf Stunden. Office-Anwendungen und Youtube-Videos sollen "zufriedenstellend" auf dem Gerät laufen.

Inzwischen dürfte TSMC aufgrund der Sanktionen keine Chips mehr für russische Firmen produzieren, sodass die aktuellen Geräte wohl aus Lagerbeständen gefertigt werden. Langfristig dürfte der chinesische Auftragsfertiger SMIC einspringen.

Kosten ab 1.600 Euro

Was den Journalisten von Heise noch auffiel: Das Gerät wirkt auch optisch altbacken und unterscheidet sich im tatsächlichen Aussehen deutlich vom Werbefoto. "Optisch wirkt das Notebook mit seinen dicken Display-Rändern und dem klobigen Gehäuse wie aus vergangenen Zeiten", heißt es in dem Artikel.

Ausgestattet ist das Notebook darüber hinaus mit 16 Gigabyte DDR4-RAM und einer bis zu 512 Gigabyte großen M.2-SSD. Da Microsoft Windows aufgrund von Embargos als Betriebssystem nicht in Frage kommt, wird eine noch unbekannte Linux-Variante eingesetzt. Das 15,6 Zoll große Display liefert Full-HD-Auflösung. Für Peripheriegeräte stehen fünf USB-Ports, ein Typ-C-Port, HDMI, Audio-Klinke und Ethernet zur Verfügung. WiFi und Bluetooth sind ebenfalls mit an Bord – jedoch ohne Angabe von Versionsnummern.

Das Bitblaze Titan soll mindestens 100.000 Rubel kosten, was rund 1.600 Euro entspricht. Technisch vergleichbare Geräte sind hierzulande für wenige hundert Euro erhältlich.

Es ist nicht das erste Mal, dass Russland aufgrund der Sanktionen westliche Produkte ersetze muss. So eröffnete im Juni eine Burgerkette namens "Frisch und Punkt", nachdem McDonald's sich nach 30 Jahren aus Russland zurückgezogen hatte. DER STANDARD war vor Ort. (pez, 13.8.2022)