Beratung sei ein intensiver Job, Teilzeit aber auch hier möglich, sagt Stefan Bergsmann.

Foto: Klaus Ranger

Der Mangel an Fachleuten und der Wunsch vieler gut ausgebildeter Junger nach mehr Leben und weniger Arbeitsstunden haben sich auch in der Beraterbranche niedergeschlagen. Gleichzeitig sind die meisten Unternehmen dieser Branche derzeit besonders gut mit Aufträgen eingedeckt, manche können gar keine Neukunden mehr annehmen – weil eben allerorts umgebaut, transformiert, optimiert wird.

Auf der Suche nach Nachwuchs ist auch Stefan Bergsmann, langjähriger Partner und Geschäftsführer der Horváth-Managementberatung mit international über eintausend, in Wien mit derzeit rund 40 Fachkräften. Der Plan: Ausbau in Wien auf 70, international auf über 2000 Beraterinnen und Berater in den Bereichen Controlling, Finanzen und – mit zunehmenden Environmental-Social-Governance-Regulatorien – Nachhaltigkeit.

STANDARD: Haben Sie eine Vermutung, warum sogar die früher als absolute Kaderschmiede geltende Beratung – also ein paar Jahre voller Einsatz in der Beratung und dann Seitenwechsel in eine Geschäftsführerposition – nun rundum an Nachwuchsmangel leidet?

Bergsmann: Ich glaube schon, dass es auch daran liegt, dass Beratung als sehr intensiver Job verschrien ist. Was früher auch sehr attraktiv war, das Reisen, ist nun großteils weggefallen: Ein Projekt in Japan funktioniert virtuell.

STANDARD: Und stimmt es nicht mit der Intensität?

Bergsmann: Wer täglich Punkt 18 Uhr Tennis spielen will, ist da nicht richtig. Aber Projekte sind natürlich planbar. Teilzeit ist möglich – nicht 30 Prozent, aber 80 Prozent. Meetings und Workshops müssen ja nicht am Freitag sein. Aber es bleibt schon dabei: Wer als Junger etwas entwickeln will, muss sich schon auch reinknien. Wir suchen auch nicht Leute, die schnell wieder gehen, sondern solche, die bleiben wollen, Betriebswirtinnen, Technikerinnen, die sich tiefe Expertise erwerben.

STANDARD: Die so oft angesprochenen Quereinsteiger also nicht?

Bergsmann: Nein – es geht bei uns nicht wirklich um Generalismus, sondern um fachliche Expertise.

STANDARD: Vielleicht leidet die Beraterbranche auch unter einem ungünstigen Image – also übertrieben gezeichnet: Am Dach landet der Helikopter, die Berater steigen aus. Dann gibt’s in der Firma nur mehr die halbe Belegschaft ...

Bergsmann: Also wir kommen mit der U-Bahn und gehen unten rein. Und zwar nicht nur mit drei Bulletpoints zur Kostensenkung und gehen dann wieder. Wir starten meistens mit Workshops. (Karin Bauer, 18.8.2022)